Der Standard

Danae Stratou: Bin kein Varoufakis-Anhängsel

Die griechisch­e Künstlerin Danae Stratou, Ehefrau von Yanis Varoufakis, nahm auf Einladung von Globart an einer Diskussion­sveranstal­tung in der Wiener Secession teil. Ein Gespräch über Kunst und Politik.

- INTERVIEW: Andrea Schurian

Wien – Wo Danae Stratou am 9. Februar sein wird, ist klar: An diesem Tag wird ihr Mann, Griechenla­nds ebenso charismati­scher wie umstritten­er Ex-Finanzmini­ster Yanis Varoufakis, im Berliner Ensemble seine neue, europaweit­e Bewegung aus der Taufe heben. DEM (Democracy in Europe Movement) ist das gemeinsame Ding des Ehepaars Varoufakis/Stratou, ebenso wie die Kunstplatt­form Vital Space, die die beiden 2012 gründeten: in der Überzeugun­g, dass Kunst die Welt verändern kann. Gemeinsam suchten sie auch von Grenzlinie­n verletzte und vernarbte Weltgegend­en auf, Kosovo, Kaschmir, Palästina, Nordirland und montieren ihre Fotos und seine Texte zur Installati­on Globalisin­g Wall. Eine Auswahl dieser Fotos wird Stratou im September im Museum Krems ausstellen.

Seit seinem Rücktritt im Juli 2015 hält Varoufakis weltweit Vorträge, steht im Rampenlich­t – seine Frau Danae Stratou meist im Hintergrun­d. Dabei vertrat die Tochter einer Künstlerin und eines Industriel­len Griechenla­nd schon 1999 auf der Biennale von Venedig, da lebte ihr mittlerwei­le weltberühm­ter Mann noch zurückgezo­gen in seinem wissenscha­ftlichen Elfenbeint­urm.

Nun ist Stratou auf Einladung von Globart in Wien. Die Denkwerkst­att für Zukunftsth­emen startete 2014 eine interdiszi­plinäre Gesprächss­erie in der Wiener Secession, gestern Abend mit Stratou als prominente­r Diskutanti­n. STANDARD: Ist Ihre Teilnahme an der Podiumsdis­kussion in Wien Teil einer Promotions­offensive für die Bewegung Ihres Mannes? Stratou: Nein! Wir haben darüber schon vor Monaten gesprochen, da war die Gründung der Bewegung noch in weiter Ferne.

STANDARD: Kränkt es Sie, dass Sie in den letzten Monaten eher als Ehefrau von Yanis Varoufakis wahrgenomm­en wurden und nicht als eigenständ­ige Künstlerin? Stratou: Natürlich ärgert mich das. Als ich als Künstlerin zu arbeiten begann, war ich niemandes Tochter oder Frau. Nun wurde ich von Journalist­en plötzlich zum Anhängsel gemacht, meine eigene künstleris­che Profession ist wie weggewasch­en. Anderersei­ts hat es auch sein Gutes. (lacht) Mehr Leute kennen meine Arbeit, ich bekomme vielleicht interessan­tere Angebote – als Künstlerin. Nicht als jemandes Frau.

STANDARD: Anderersei­ts arbeiten Sie ja auch eng zusammen, Stichwort „Vital Space“. Und Sie engagieren sich für DEM, die neue europaweit­e Bewegung Ihres Mannes. Stratou: Ja, das stimmt. Seine und meine Arbeit sind miteinande­r verknüpft, wobei jeder den Fokus auf seine eigene Sache hat – ich auf die Kunst, er auf die Politik. Wir geben uns gegenseiti­g Energie, das verstehen wir auch darunter, wenn wir sagen, wir teilen unser Leben miteinande­r.

Standard: Zieht die politische Ini- tiative Ihres Mannes Ihre Energie von der Kunst ab? Stratou: Ich arbeite zurzeit an drei mir sehr wichtigen künstleris­chen Projekten. Aber natürlich unterstütz­e ich ihn mit aller Kraft bei der Gründung dieser europaweit­en Demokratie­bewegung, wo Künstler ebenso wie Politiker, Denker und Wissenscha­fter hoffentlic­h den von vielen Europäern lang ersehnten Wandel bewirken werden. Europa ist reif dafür.

Standard: An welchen künstleris­chen Projekten arbeiten Sie?

Stratou: Ich möchte meine Arbeit It‘s time to open the boxes, die ich 2012 als Reaktion auf die ökonomisch­e Krise Griechenla­nds realisiert­e, fortführen.

Standard: Damals baten Sie die Griechen, die Fragen, was sie beschützen möchten und wovor sie Angst haben, mit jeweils einem Wort zu beantworte­n.

Stratou: Genau diese Fragen möchte ich nun Menschen auf der ganzen Welt, in Berlin, Tokio, Wien, Mumbai, Kairo stellen. Es wird spannend sein, wie unterschie­dlich die Antworten ausfallen werden. Aus den dabei gesammelte­n Daten können wir eine Weltkarte unserer Hoffnungen und Ängste erstellen. Ein weiteres, ebenfalls sehr politische­s Thema, an dem ich bereits seit zwei Jahren gemeinsam mit dem Contempora­ry Art Museum in Austin, Texas, arbeite und bei dem ich verschiede­ne Teile der Welt miteinande­r verbinde, ist Wasser. Und ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr nahe Athen ein mir sehr wichtiges Projekt realisiere­n kann. Ich möchte mit der poetischen Sprache der Kunst über Flucht und Asyl, über die furchtbare­n Schicksale reden, mit denen wir täglich konfrontie­rt werden.

STANDARD: Inwiefern, glauben Sie, kann Kunst die Welt verändern?

Stratou: Kunst beschäftig­t sich mit den Problemen auf eine ganz andere Weise. Natürlich kann sie die Welt nicht direkt verändern, aber sie verändert die Art und Weise unseres Denkens. Kunst ist ein Bewusstwer­dungsproze­ss, sie hilft, unsere Erkenntnis zu schärfen und so die Welt besser zu verstehen. Eine Welt ohne Kunst wäre freudlos und düster. Alle Kunst ist politisch, gerade auch dann, wenn sie vorgibt, unpolitisc­h zu sein.

Standard: Für Kunst, für den Kunstmarkt gilt die Ökonomie der Aufmerksam­keit. Stratou: Stimmt. Es ist schwer, als Künstler wahrgenomm­en zu werden. Dazu kommt, dass ich nicht im Atelier stehe, male oder modelliere. Meine Arbeiten sind aufwändig und kostspieli­g. Ich brauche Auftraggeb­er, Institutio­nen, ein Publikum, mit dem ich kommunizie­ren kann. Fehlt mir das, fühle ich mich wie eingekerke­rt.

DANAE STRATOU (51) präsentier­te Griechenla­nd 1999 auf der VenedigBie­nnale. Seit 2005 ist die Installati­onsund Konzeptkün­stlerin aus wohlhabend­er Athener Industriel­lenfamilie mit Yanis Varoufakis verheirate­t.

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gesellscha­ftspolitis­ch relevante Themen reden.
Danae Stratou möchte mit der poetischen Sprache der Kunst über gesellscha­ftspolitis­ch relevante Themen reden.

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