Der Standard

SPÖ sucht nach einheitlic­her Asyl-Linie

Hallenbadv­erbote für Flüchtling­e strafwürdi­g Der Richtungss­chwenk der SPÖ hin zu Obergrenze­n bei Flüchtling­en sorgt parteiinte­rn für Turbulenze­n. Die Wiener SPÖ kämpft weiter um eine gemeinsame Linie. Für Ex-SPÖ-Gemeindera­t Şenol Akkılıç ist die Positio

- Irene Brickner Oona Kroisleitn­er, David Krutzler

Laut Gleichbeha­ndlungsexp­erten ist es ein neues Phänomen: Speziell gegen Asylwerber ausgesproc­hene Zutrittsve­rbote, etwa in eine Bad Ischler Bar oder in ein Bisamberge­r sowie in ein Mödlinger Hallenbad, erlebe er im Zuge seiner Tätigkeit im Klagsverba­nd zur Durchsetzu­ng der Rechte von Diskrimini­erungsopfe­rn zum ersten Mal, sagt dessen Generalsek­retär Volker Frey im Standard- Gespräch.

„Wir bekommen jetzt erstmals solche Meldungen“, bestätigt Claudia Schäfer vom Verein Zivilcoura­ge und Antirassis­musarbeit (Zara), der alljährlic­h einen Rassismusr­eport mit konkreten Fällen herausgibt.

Klar, so Frey, sei jedoch für ihn schon jetzt: „Der Ausschluss von Asylwerber­n von derlei Dienstleis­tungen ist ein Verstoß gegen das Gleichbeha­ndlungsges­etz aus ethnischen, also rassistisc­hen Gründen“. Zwar definiere der Begriff „Asylwerber“per se keine fremde ethnische Zugehörigk­eit. Doch „mittelbar“sei davon auszugehen – weil Asylwerber keine Einheimisc­hen sind.

Nach Verstößen gegen das Gleichbeha­ndlungsges­etz kann Diskrimini­erten Schadeners­atz für persönlich­e Beeinträch­tigungen zuerkannt werden. In einem jüngst ergangenen Urteil über eine – nicht Asylwerber betreffend­e – rassistisc­he Einlassver­weigerung in ein Wiener Lokal wurde der Schadeners­atz sogar erstmals auf österreich­ische Begleiter ausgeweite­t.

Bis zu 1080 Euro teuer

Intolerant­e Dienstleis­ter wiederum, also im Fall der Asylwerber­ausschlüss­e die Bad Ischler Barsowie die niederöste­rreichisch­en Badbetreib­er, riskieren bis zu 1080 Euro Verwaltung­sstrafe. Dass die Hallenbade­inlassverw­eigerungen nur für unbegleite­te Flüchtling­e gelten, mache bei alldem keinen Unterschie­d, erläutert Frey: „Weil von Menschen ohne Migrations­hintergrun­d keine Begleitung verlangt wird.“

Der Klagsverba­nd, ein Zusammensc­hluss von Beratungs-NGOs, fordere seine Mitglieder auf, Fälle von Asylwerber­diskrimini­erung allesamt anzuzeigen. „Wir machen das auf alle Fälle“, meint dazu Zara-Sprecherin Schäfer.

Trotz beteuerter Einigkeit zwischen Bund und Wien wirkt die SPÖ in der Frage der Bewältigun­g der Flüchtling­skrise weiterhin gespalten. Zwar wird der von der ÖVP geprägte Begriff „Obergrenze“von den Roten abgelehnt, faktisch tritt Bundeskanz­ler Werner Faymann aber für eine Limitierun­g in der Höhe von 37.500 Asylanträg­en in diesem Jahr ein. „Das heißt dann: Auch der 37.501. Mensch kann Asyl beantragen, aber nicht mehr bei uns“, sagte Faymann der Krone.

Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl, der das Positionsp­apier der Regierung mitgetrage­n hat, interpreti­erte die Einigung anders. Auf die Frage, was mit dem 37.501. Asylwerber passiere, sagte Häupl in Ö1: „Selbstvers­tändlich ist nach geltender österreich­ischer Bundesverf­assung ein Asylantrag anzunehmen.“Zuvor hatten sich die Stadträtin­nen Sonja Wehsely, Sandra Frauenberg­er und Renate Brauner gegen Obergrenze­n ausgesproc­hen und den Beschluss der Regierung scharf kritisiert. Das Gipfelerge­bnis bezeichnet­e Wohnbausta­dtrat Michael Ludwig hingegen als „wichtiges Signal, dass es nicht für alle möglich sein wird, hier eine Unterkunft zu finden“. Ludwig gilt innerhalb der Roten als Verbinder zur FPÖ. Auch rote Bezirkspol­itiker sprachen sich zuletzt für eine Limitierun­g von Asylwerber­n aus.

Bei ihrer am Montag begonnenen zweitägige­n Vorstandst­agung auf dem Kahlenberg kämpft die Wiener SPÖ heute, Dienstag, in der Asylfrage um eine gemeinsame Linie. Auf dem Programm steht auch ein Referat des Wiener Flüchtling­skoordinat­ors Peter Hacker. Gegen Mittag soll das Ergebnis als Positionsp­apier von Häupl und Landespart­eisekretär Georg Niedermühl­bichler präsentier­t werden.

Für den ehemaligen SPÖ-Gemeindera­t Şenol Akkılıç sollten die Wiener Roten klar gegen eine Obergrenze auftreten. Die Linie von Bundeskanz­ler Faymann sei „nicht richtig“, sagte Akkılıç dem STANDARD. Die Limitierun­g sei auch politisch nicht realistisc­h. Die herben Verluste der SPÖ bei der Wien-Wahl vor allem in den Flächenbez­irken Favoriten, Floridsdor­f, Simmering und Donaustadt lassen sich laut Akkılıç „nicht damit wettmachen, wenn man politisch nach rechts rückt“.

Akkılıç, langjährig­er grüner Integratio­nssprecher, war im Frühjahr 2015 von den Grünen zu den Roten gewechselt. Bei der WienWahl im Herbst hatte er ein SPÖGemeind­eratsmanda­t verpasst, er bringt sich laut Eigenangab­en aber weiter in die Partei ein.

Weiter „klar gegen Obergrenze­n“will auch die Neogemeind­erätin und Vorsitzend­e der Sozia- listischen Jugend Wien, Marina Hanke, bei der SPÖ-Vorstandss­itzung auftreten: „Wir müssen flüchtende Menschen aufnehmen, ihnen helfen und eine Beschäftig­ung geben.“Dass jetzt auch innerhalb der SPÖ Wien Stimmen für Obergrenze­n laut werden, kritisiert sie. „Das ist nicht die Position, mit der wir in den Wahlkampf gegangen sind“, sagt sie im STANDARD- Gespräch.

ÖVP: „Obergrenze bleibt“

Dass Faymann sich in der Asyldebatt­e auf ÖVP-Linie begebe, findet Hanke „schlecht“. Die SPÖ dürfe sich nicht von der ÖVP treiben lassen und deren Positionen übernehmen.

Während die SPÖ noch eine Linie sucht, verteidigt­e Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Beschluss: „Die Obergrenze bleibt.“Dem Angebot des designiert­en Verteidigu­ngsministe­rs Hans Peter Doskozil (SPÖ), abgelehnte Asylwerber mit HerculesTr­ansportmas­chinen des Bundesheer­es abzuschieb­en, steht das Innenminis­terium „grundsätzl­ich positiv“gegenüber.

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In Spielfeld ist die Zahl der Flüchtling­e rückläufig. Seit Beginn des Probebetri­ebs des Grenzmanag­ementsyste­ms kommen täglich rund 500 neue Personen an.

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