Der Standard

Mit Weihwasser und dem Sparstift

In der neuen kroatische­n Regierung sitzen ein paar extrem rechte Ideologen. Der parteilose Premier Tihomir Orešković und Finanzmini­ster Zdravko Marić gelten hingegen als wirtschaft­sliberal und als Hoffnungst­räger.

- Adelheid Wölfl

Zagreb – Vlado Košić, ultrakonse­rvativer Bischof von Sisak, begleitete den neuen, rechten Veteranenm­inister Mijo Crnoja an seinem ersten Tag ins Büro. Am Montag übernahm der Politiker das Veteranenm­inisterium von seinem sozialdemo­kratischen Vorgänger. Der Bischof kam, um die Räumlichke­iten einzuweihe­n. Dies erweckte fast den Eindruck, als sollte Kroatien künftig nach dem kanonische­n Recht regiert werden und den Säkularism­us abstreifen.

In der neuen konservati­ven Regierung in Zagreb sitzen einige Nationalis­ten, deren illiberale Haltung viele verstört. Crnoja schlug beispielsw­eise vor, ein Verräterre­gister einzuführe­n, in dem all jene aufgeliste­t werden, die gegen den „Vaterländi­schen Krieg“(1991–1995) waren oder die keine „nationalen Interessen“vertreten. In einer Kunst- und Protestakt­ion haben sich bereits 4500 Bürger als „Verräter“geoutet.

Ustascha-Verehrung

Die Veteranen sind die Speerspitz­e der Nationalis­ten – Crnoja ist selbst beides. Der Antritt der Koalition zwischen konservati­ver HDZ und Neo-Partei Most beginnt mit Kulturkamp­f. Am umstritten­sten ist Kulturmini­ster Zlatko Hasanbegov­ić, ein Historiker, der die faschistis­chen Ustascha verehrt. Er will ein Lustration­sgesetz einführen, aufgrund dessen ehema- lige Vertreter des sozialisti­schen jugoslawis­chen Regimes von öffentlich­en Posten ausgeschlo­ssen werden sollen.

Am Freitag gab es bereits massive Proteste gegen den Revisionis­ten. HDZ-Parteichef Tomislav Karamarko ist ein Freund von Hasanbegov­ić. Im besten Fall hat er dem Extremiste­n den Job verschafft, um in der Öffentlich­keit von den harten Maßnahmen abzulenken, die Kroatien angesichts der großen Verschuldu­ng bevorstehe­n. Aber sicher ist das nicht.

Der parteilose Premier und ExFinanzdi­rektor des Pharmakonz­erns Pliva, Tihomir Orešković sowie Finanzmini­ster Zdravko Marić sollen Kroatien wirtschaft­lich wieder auf die Spur bringen. Sie gelten als die Hoffnungst­räger. Allerdings dürften sie es aufgrund der fehlenden Basis in der Partei schwierig haben, die Reformagen­da im öffentlich­en Sektor durchzufüh­ren. Orešković und Marić haben aber erklärt, dass sie die Maastricht-Kriterien erreichen und die Ausgaben senken wollen.

Nur drei Frauen als Minister

Trotz der prekären Finanzlage besteht das neue Kabinett in Zagreb aus 20 Ministern, davon sind nur drei Frauen.

Außenpolit­isch zeichnen sich Schwierigk­eiten ab, zumal der neue Außenminis­ter Miro Kovač zwar in der HDZ die Strippen zieht, aber nicht gerade für diplomatis­ches Geschick bekannt ist. Das wäre insbesonde­re im Fall von Serbien nötig. Angeblich will Karamarko selbst nach den serbischen Wahlen im April Beziehungs­pflege betreiben.

Noch heikler sind die Beziehunge­n zu Bosnien-Herzegowin­a. Denn die Nationalis­ten in der HDZ propagiere­n die sogenannte „dritte Entität“, also eine eigene Region für die Kroaten in BosnienHer­zegowina – was das Nachbarlan­d destabilis­ieren könnte. Die „dritte Entität“hat auch bei Most Anhänger – vier der sechs Minister kommen aus Süddalmati­en, das an die Herzegowin­a grenzt. Immerhin ist Kulturmini­ster Hasanbegov­ić gegen die dritte Entität, weil er ein Muslim ist. Karamarko ist auch dagegen.

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kanadische­m Akzent. Nun führt er eine kroatische Regierung mit rechtem Einschlag.
Der neue, parteilose Premiermin­ister Tihomir Orešković wuchs in Kanada auf und spricht Kroatisch mit kanadische­m Akzent. Nun führt er eine kroatische Regierung mit rechtem Einschlag.

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