Der Standard

Mit freiheitli­chen Manieren Richtung Hofburg

Die FPÖ sucht immer noch nach einem geeigneten Kandidaten für die Hofburg-Wahl. An Bewerbern mangelt es nicht, vielmehr ist es eine Frage der Positionie­rung – staatstrag­end oder doch scharfe Opposition.

- Moritz Ablinger

Wien – Barbara Rosenkranz war chancenlos. Vor sechs Jahren kandidiert­e die freiheitli­che Abgeordnet­e als Bundespräs­identin, konnte Amtsinhabe­r Heinz Fischer aber nicht einmal in einen zweiten Wahlgang zwingen. Sie kam 2010 auf 15,2 Prozent, doch ein Stückchen von jenen 20 Prozent entfernt, die sie zu Beginn des Wahlkampfe­s als Ziel vorgab. Das Experiment der FPÖ, eine Kandidatin weit rechts der Mitte ins Rennen um die Hofburg zu schicken, war damit gescheiter­t.

Wen die Freiheitli­chen diesmal ins Rennen schicken, will FPÖChef Heinz-Christian Strache noch diese Woche bekannt geben. Laut einer aktuellen Umfrage, die das Profil am Montag veröffentl­ichte, käme ein – derzeit unbekannte­r – FPÖ-Kandidat auf 13 Prozent.

Zwist ohne Streit

Die FPÖ muss auf einem schmalen Grat balanciere­n: Sie will einerseits klare und scharfe Opposition gegen die Bundesregi­erung fahren und somit ihre Klientel bedienen, muss anderersei­ts aber auch ihre Wählerscha­ft erweitern. Daher gibt es Bestrebung­en, staatstrag­end und weniger aggressiv aufzutrete­n.

Eine Bestrebung, der zuletzt auch einige altverdien­te Funktionär­e zum Opfer fielen. Rosenkranz legte ihren Parteivors­itz in Niederöste­rreich zurück, nachdem die Partei dort auf magere 8,2 Prozent kam. Auch Druck von der Parteispit­ze in Wien hatte damit zu tun. Andreas Mölzer, der bei den Europawahl­en 2014 eigentlich als Listenerst­er kandidiere­n sollte, wurde kurz vor dem Urnengang durch Harald Vilimsky ersetzt. Zuvor hatte Mölzer die EU als „Negerkongl­omerat“bezeichnet und sich über die Hautfarbe von David Alaba ausgelasse­n. Susanne Winter wurde aus dem freiheitli­chen Nationalra­tsklub ausgeschlo­ssen, nachdem sie einen antisemiti­schen Kommentar auf Facebook goutiert hatte.

Dennoch brechen diese Zwistigkei­ten nie zu einem handfesten Richtungss­treit in der FPÖ aus. „Es gibt keine innerparte­iliche Opposition“, sagt der Historiker und intime Kenner des dritten Lagers, Lothar Höbelt. „Strache ist mit devianten Gruppen immer sehr viel vorsichtig­er umgegangen als Haider, das nutzt ihm jetzt.“

Ein Gefühl, das auch innerparte­ilich weitverbre­itet zu sein scheint. Reinhard Bösch, der mit Ausnahme von 2008 bis 2013 seit 1994 für die FPÖ im Parlament sitzt, bescheinig­t Strache, der seit 2005 Parteichef ist, „sehr solide“zu arbeiten und eine „wohltuende Führungsve­rantwortli­chkeit“an den Tag zu legen. Bösch war nach der BZÖ-Gründung einer der zwei Abgeordnet­en, die der FPÖ damals die Treue hielten. Die andere war Rosenkranz.

Manfred Haimbuchne­r, Landeshaup­tmann-Stellvertr­eter in Oberösterr­eich, sagt: „Die FPÖ hat aus ihrer letzten Regierungs­beteiligun­g im Bund die richtigen Schlüsse gezogen.“Damals waren die Konflikte zwischen Haider, seiner „Buberlpart­ie“und den alten Ideologen um Mölzer aufgebroch­en und führten schließlic­h zur Gründung des BZÖ 2005.

Die Qual der Wahl

Stefan Petzner hingegen glaubt nicht, dass die Freiheitli­chen aus dieser Erfahrung gelernt haben. Der 35-Jährige ist heute Politikber­ater, machte unter Jörg Haider Politkarri­ere und saß von 2008 bis 2013 im Nationalra­t. „Die Personalde­cke der FPÖ ist heute noch dünner als 2000“, sagt Petzner. Haider habe die Partei geöffnet und viele neue Personen in Funktionen geholt. Diese Öffnung, so Petzner, sei in den letzten Jahren rückgängig gemacht worden.

Dennoch haben die Freiheitli­chen einige Kandidaten für die Bundespräs­identschaf­t zur Auswahl. Norbert Hofer, dritter Nationalra­tspräsiden­t, wäre die gemäßigter­e Alternativ­e zu Rosenkranz. Johann Gudenus, Wiener Vizebürger­meister, war Mitglied der schlagende­n Schülerbur­schenschaf­t Vandalia und lässt regelmäßig mit hart-rechter Rheto- rik aufhorchen. Parteichef Strache meinte dennoch, Gudenus wäre „auch ein guter Kandidat“. Die Frage ist somit auch, ob die FPÖ auf offene Konfrontat­ion mit den Restpartei­en gehen will und Gudenus ins Rennen schickt. Sie könnte ebenso versuchen, sich als künftige Regierungs­partei zu positionie­ren und Hofer als Kandidaten aufstellen. Der Balanceakt der FPÖ zwischen Opposition und Mobilisier­ung neuer Wählerschi­chten prägt auch die Suche nach einem passenden Kandidaten für die Präsidents­chaft. In welche Richtung die Reise geht, will die FPÖ noch in dieser Woche auflösen.

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und staatstrag­endem Auftritt liegt ein weites Feld. Der FPÖ-Kandidat für die Hofburg soll diesmal ein breiteres...
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache muss sich überlegen, wie er die Wahlergebn­isse der Partei optimieren kann: Zwischen radikalen Ansagen und staatstrag­endem Auftritt liegt ein weites Feld. Der FPÖ-Kandidat für die Hofburg soll diesmal ein breiteres...

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