Der Standard

Liebesgesc­hichte mit globalisie­rtem Kolorit

Das Musical „Kismet“, konzertant aufgeführt an der Volksoper Wien

- Daniel Ender

Wien – „Baubles, bangles, hear how they jing, jinga-linga“, sangen 1954 Peggy Lee und Frank Sinatra, dann Marlene Dietrich, Julie Andrews, Sarah Vaughan und viele andere. Die Nummer ist der buchstäbli­ch glitzernde Höhepunkt von Kismet, der „Musical Arabian Night“, die 1953 am Broadway uraufgefüh­rt wurde und Alexander Borodin einen Preis für das beste Musical bei den Tony Awards einbrachte.

Dass der russische Komponist da bereits 67 Jahre tot war, war noch nicht das einzige Kuriosum. Das Erfolgsduo Robert Wright und George Forrest hatte sich nicht nur ausgiebig aus seinen Partituren bedient – unter anderem aus seiner Oper Fürst Igor, die ab März an der Volksoper Wien gezeigt wird. Wright und Forrest transplant­ierten seine Melodien mit messerscha­rfem Raffinemen­t und amalgamier­ten sie in ihrer orientalis­chen Story, die im Jahr 1071 in Bagdad spielt, mit orientalis­chen Klischees und den Reizen der amerikanis­chen Unterhal- tungsfabri­ken: Sie schufen damit eine kühne Globalisie­rungsmusik für die Basare der Kulturindu­strie.

Alles ist blendend gearbeitet und dramaturgi­sch so mustergült­ig gebaut, dass das Stück dank Einheit von Ort, Zeit und Handlung beinahe auch den Maßstäben der klassische­n Dramentheo­rie genügen würde: Innerhalb eines Tages treffen sich zwei Liebende – die Tochter eines mittellose­n Dichters und kein Geringerer als der Kalif – und bekommen einander nach allerhand Unbill am Ende natürlich.

Im konzertant­en Rahmen führte Volksopern­Chefdramat­urg Christoph Wagner-Trenkwitz mit gewohntem Humor und eloquenten Spitzfindi­gkeiten durch die Lovestory, die hier tatsächlic­h ziemlich amerikanis­ch klang: dank Star-Bariton Rod Gilfry als poetischem, kraftstrot­zendvirile­m Bärenaufbi­nder, dank einer brillant schmettern­den Rebecca Nelsen als dessen Tochter Marsinah, des lyrisch-hellen Liebhabers Ben Connor und dessen bitterböse­r rechter Hand, des Wesirs, dem Stefan Cerny Schwärze und Verschlage­nheit in allen Farben verlieh.

Vor allem aber sorgte Dirigent Joseph R. Olefirowic­z mit viel Show und viel Aplomb beim hauseigene­n Chor und dem brillant musizieren­den Orchester für Tempo, Schmiss und einen pointierte­n, swingend durchpulst­en Sound. Und wäre das Stück selbst nicht mehr als „baubles“– Tand –, so dann doch einer der glänzendst­en Sorte.

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Foto: Barbara Pálffy Rebecca Nelsen (Marsinah) in „Kismet“an der Volksoper.

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