Ministerrat für eines der schärfsten Asylgesetze Europas
Neue Härten mit punktuellen Abmilderungen, die jedoch erst durchsetzbar gemacht werden müssen: Mit dem Beschluss der „Asyl auf Zeit“-Novelle am Dienstag im Ministerrat erhofft sich die Regierung vor allem einen Stimmungsumschwung in der Bevölkerung.
Wien – An der koalitionären Rollenverteilung und der damit verbundenen Wortwahl in Sachen Asyl hatte sich auch nach dem Ministerrat am Dienstag nichts geändert. Dabei übten sich Kanzler und Vizekanzler bemerkbar in öffentlicher Annäherung.
„Die Höchstgrenze von 37.500 Flüchtlingen für 2016 ist ein Richtwert. Den gilt es einzuhalten“, erläuterte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor der Presse. „Dieser Richtwert ist aus unserer Sicht eine Obergrenze. Das ermöglicht konkrete Handlungen“, erweiterte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP).
Dabei, so Mitterlehner, gehe es um Maßnahmen gegen die „Überforderung“des auf der Balkanroute liegenden Österreich – weil Österreich nur zusammen mit Deutschland und Schweden die massive Flüchtlingswelle nicht im Alleingang bewältigen könne. „Zehn bis zwölf Millionen Menschen“, so Mitterlehner, seien derzeit in Richtung Europa fluchtbereit. Die Begrenzung auf eine Höchstzahl auf 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung sei da ein klares Gebot.
„Signal“und „Botschaft“
Unterstützend dabei werde die „Asyl auf Zeit“-Novelle sein, betonten der Kanzler und sein Vize. Die geplante Gesetzänderung, zu der der Ministerrat am Dienstag sein Okay gab, sei – so Faymann – ein „Signal“und – so Mitterlehner – „eine Botschaft nach innen und außen“. Noch klarer drückte es Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) aus: Mit dem Beschluss im Ministerrat sei sie zufrieden, sagte sie. Denn das österreichische Asylgesetz sei eines der schärfsten Europas.
Für die Ministerratsvorlage wurde besagte Schärfe im Vergleich zum Begutachtungsentwurf jedoch ein wenig abgemil- dert: Nicht im Gesetzestext, aber immerhin in den dem Standard vorliegenden Erläuterungen zu diesem wurden auf Betreiben der SPÖ Ergänzungen beigefügt.
Die erste betrifft „Asyl auf Zeit“als solches: Der Gesetzestext normiert, dass die Asylbehörde jedem anerkannten Flüchtling, dessen Schutz nach den ersten drei Jahren unbefristet verlängert wird, dies „von Amts wegen“mitzuteilen hat: eine Bestimmung, die von individueller Verständigung ausgeht. In den Erläuterungen nun ist in derlei Fällen von einer automatischen Verlängerung „ex lege“die Rede. Darüber hinaus soll jeder anerkannte Flüchtling sofort einen Ausweis bekommen.
Auch in Fällen, in denen eine Asylaberkennung droht, soll außerdem die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen als Argument gegen eine Rückführung gelten können.
Keine Abmilderung gab es bei den neuen Härten für die Familienzusammenführung anerkann- ter Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigter: laut dem Anwalt und Asylrechtsexperten Georg Bürstmayr der zentrale Verschärfungsplan.
Dieser Ansicht ist auch Werner Kerschbaum, der Generalsekretär des Roten Kreuzes, das den überwiegenden Teil von Familienzusammenführungen abwickelt: 2015 waren es 1200 Anträge für die Einreise von rund 5000 Menschen. Unter den Angehörigen von Asylberechtigten etwa werde seinen Erfahrungen nach ein Drittel die knappe Frist von drei Monaten nicht schaffen, binnen derer Familiennachzug ohne besondere Auflagen künftig möglich sein soll, sagte er dem Standard.
Häupl für die Novelle
Gut mit der Regierungseinigung auf ein verschärftes Asylrecht kann Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) leben: „So, wie es jetzt gestaltet ist, ist es kein Verwaltungsmonster mehr“, sagte er am Dienstag. Noch im November des Vorjahres stand Häupl Asyl auf Zeit „skeptisch“gegenüber. Wiens Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) hatte im November die geplante Asylverschärfung gar als „Alibiaktion“bezeichnet.
Dass es bei der SPÖ einen internen Streit um eine Obergrenze bei Flüchtlingen gibt, verwies Häupl ins Reich der Fabeln. „Es gibt in der Wiener SPÖ dazu keine Meinungsverschiedenheiten.“
Die noch fertigzustellenden EUHotspots sollen künftig als Verteilerzentren dienen und sicherstellen, dass 2016 nicht mehr als 37.500 Asylwerber in Österreich einen Antrag stellen können, sagte Häupl. Sofern die Hotspots funktionieren, sollen Asylwerber bei Erreichen des Richtwerts aber an den Grenzen Österreichs in die Hotspots zurückgeschickt werden. Auf die Frage, ob er zuversichtlich sei, dass die EU in diesem Jahr die Flüchtlingskrise in den Griff bekomme, sagte Häupl: „Zum Teil ja, komplett nicht.“