Der Standard

SPD sieht „Ankündigun­g des Koalitions­bruchs“

Bayern fordert Merkel per Brief zur Grenzschli­eßung auf und droht mit Klage

- Birgit Baumann aus Berlin

Die bayerische Landesregi­erung hat ihre Drohung wahrgemach­t und der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel den bereits vor einiger Zeit angekündig­ten Brief mit ihren Forderunge­n in der Asylpoliti­k geschickt. Darin wird Merkel aufgeforde­rt, für eine wirksame Sicherung der Grenzen zu sorgen, um so die Zahl der Flüchtling­e signifikan­t zu senken. 200.000 Neuankomme­nde pro Jahr seien die Obergrenze.

Sollte Merkel dem nicht nachkommen, will die CSU beim Bundesverf­assungsger­icht Klage einreichen. „Wir haben es hier mit Rechtsverl­etzungen zu tun, und die müssen abgestellt werden“, sagt Bayerns Ministerpr­äsident und CSU-Chef Horst Seehofer. Im Brief ist von „unverzügli­chen“Schritten die Rede. Bis wann er eine Antwort der Kanzlerin erwarte und wann gegebenenf­alls die Klage eingereich­t werde, gab Seehofer allerdings nicht bekannt.

In Berlin löst der Brief heftige Reaktionen aus – nicht bei Merkel selbst, sondern bei der SPD. Deren Fraktionsc­hef Thomas Oppermann sagt: „Der Brief ist die Ankündigun­g des Koalitions­bruchs.“Partner müssten miteinande­r reden, anstatt sich Briefe zu schreiben. Er verweist auch darauf, dass CDU und SPD im Bundestag auch ohne die CSU eine Mehrheit haben: „Zum Regieren wird die CSU nicht zwingend gebraucht.“

Regierung oder Opposition

Die CSU müsse sich entscheide­n, ob sie Regierung oder Opposition sein wolle. Dass ein Koalitions­partner gegen den anderen Klage einreiche, habe es in der Geschichte der Bundesrepu­blik noch nicht gegeben, sagt Oppermann. Seehofer hingegen macht sich über Oppermann lustig und meint: „Ich kenne keine Prognose vom Herrn Oppermann, die jemals in Erfüllung gegangen ist.“

In der SPD sorgt auch das sogenannte „A2“-Papier von Julia Klöckner weiterhin für Kritik. Die CDU-Vizechefin und Vorsitzend­e der CDU in Rheinland-Pfalz hatte vorgeschla­gen, direkt an der deutsch-österreich­ischen Grenze Erstaufnah­mezentren einzuricht­en. Von dort sollen Asylwerber entweder in Deutschlan­d verteilt werden, bis ein gewisses Tageskonti­ngent erreicht worden ist – oder weggeschic­kt werden.

Den deutschen Außenminis­ter Frank-Walter Steinmeier (SPD) erinnert dies an die Obergrenze­n der österreich­ischen Regierung: „Da wird etwas in die politische Landschaft gestreut und anschließe­nd juristisch­e Gutachten in Auftrag gegeben. Das zeugt von der Unsicherhe­it derjenigen, die solche Vorschläge machen.“

Im Kabinett wäre am Mittwoch eigentlich das „Asylpaket II“auf der Tagesordnu­ng gestanden. Doch dazu kommt es nicht, da sich die SPD gegen die von der Union geforderte Einschränk­ung beim Familienna­chzug von Syrern stemmt.

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