Wirtschaft will Geld für Flüchtlingsjobs
Bank-Austria-Transfer: Höhere Kosten für Pensionssystem drohen Soll man Unternehmen mit Förderungen belohnen, wenn sie anerkannte Flüchtlinge anstellen? Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung sagen Ja. Die Gewerkschaft übt daran scharfe Kritik. E
Wien – In der Regierung prüft man das Ansinnen der Bank Austria noch, mehr als 3000 Mitarbeiter ins ASVG-System zu überführen. Der künftige Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) meinte am Dienstag vor dem Ministerrat aber, die Position der Pensionsversicherungsanstalt PVA sei „gut nachvollziehbar“– und diese ist eine recht kritische. Stögers scheidender Amtsvorgänger Rudolf Hundstorfer (SPÖ) meinte, es handle sich um ein „Rechtsthema, das jetzt aufgearbeitet wird“.
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) erklärte ebenfalls, man prüfe die Pläne. Er sei zwar nicht direkt ressortzuständig, aber er horche stets auf, wenn es um hohe Geldsummen gehe. Die Überführung „wäre nicht gerade die feine Art“, ließ Schelling Skepsis bis Ablehnung anklingen. Außerdem sei diese ohne Gesetzesänderung wohl kaum möglich. Auch der Generaldirektor der Pensionsversicherungsanstalt, Winfried Pinggera, will eine Art „Überführungsgesetz“.
Jedenfalls sei davon auszugehen, dass fürs ASVG-System Kosten verursacht werden, so Pinggera im Ö1- Morgenjournal des ORF Radio. Dem „Sozialministerium nur recht geben“könne er, wenn es von dort zuletzt hieß, dass sich eine Bank nicht auf Kosten des Steuerzahlers sanieren könne. Dass sich eine Neuregelung des Paragrafen binnen eines Monats ausgeht, wie sich das die Bank Austria erhofft, zweifelt PVA-Chef Pinggera an. (red, APA) Wien – Während sich die Politik darum bemüht, so wenige Flüchtlinge wie möglich nach Österreich zu lassen, drücken Wirtschaftsvertreter mit Vorschlägen zur Integration aufs Gas. Schon vor einer Woche forderte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl eine monatliche Prämie in der Höhe von 1000 Euro für Betriebe, die Flüchtlinge anstellen.
Nun setzt die Industriellenvereinigung (IV) nach. Generalsekretär Christoph Neumayer legte sich auf keine genaue Höhe fest, will aber ebenso Förderungen für Unternehmen oder Flüchtlinge selbst sehen, wie er am Dienstag vor Journalisten sagte. Ein Modell wäre, so Neumayer, die schon vorhandene Eingliederungsbeihilfe auf anerkannte Flüchtlinge auszudehnen.
Derzeit haben darauf Langzeitarbeitslose und Menschen, die über 45 Jahre alt sind, Anspruch. Höhe und Zeitraum werden zwischen Betrieb und AMS ausgehandelt. 2015 wurden 36.351 Menschen so gefördert, die Kosten beliefen sich auf 123 Millionen Euro.
Man sei davon überzeugt, dass ein wichtiger Teil der Integration in der oder über die Arbeit passiere, heißt es vonseiten der Industrie. In der Wirtschaftskammer argumentiert man mit den höheren Kosten, die für Unternehmen anfallen, wenn sie Flüchtlinge einstellen, etwa für Sprachkurse oder eine längere Einarbeitungszeit, wie es von einem Sprecher heißt.
Gewerkschaft ablehnend
Beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) ist man gelinde gesagt skeptisch. Flüchtlinge mit positivem Asylbescheid hätten sowieso dieselben Ansprüche auf Beihilfen wie bereits in Österreich lebende Menschen, sagt der leitende Sekretär im ÖGB, Bernhard Achitz. Eine zusätzliche Besserstellung von Flüchtlingen sei nicht zu rechtfertigen: „Das macht kein gutes Bild.“
Achitz warnt darüber hinaus vor einer „Dequalifizierungsspira- le“. Würde man Unternehmen Geld dafür geben, anerkannte Flüchtlinge einzustellen, könnten viele als Hilfsarbeiter vermittelt werden. „Langfristig ist ihnen nicht geholfen, wenn man sie in einen Betrieb steckt, wo sie sich nicht weiterbilden können und kein Deutsch lernen.“
Das Arbeitsmarktservice (AMS) weist auf Nachfrage des STANDARD darauf hin, dass eine solche Förderung unter Umständen auch schon heute möglich sei. Es dürfen nämlich nicht nur Ältere und Langzeitarbeitslose, sondern auch Menschen gefördert werden, die nicht vermittelbar sind, weil sie keine oder die falschen Qualifikationen haben, sagt Ernst Haider vom AMS. Wenn ein Betrieb einen Flüchtling einstellen will, kann er sich also auch schon heute eine Förderung vom AMS holen. „Wir werden einen Teil der 70 Millionen Euro für die Integration auch dafür verwenden“, sagt Haider.
Zuschuss für Einstiegsjobs
Für die Industriellenvereinigung ist aber auch ein Kombilohn vorstellbar. Den gibt es ebenfalls schon, im Moment kriegen so Ältere und Wiedereinsteiger einen Zuschuss zum Lohn, wenn er nicht viel höher als das zuvor bezogene Arbeitslosengeld ausfällt. Das soll den Anreiz erhöhen, einer Arbeit nachzugehen. Damit kann man sich auch beim AMS anfreunden. Institutsvorstand Johannes Kopf nannte die geringe Differenz zwischen Mindestsicherung und Nettoeinkommen bei größeren Familien in der Vergangenheit eine „Inaktivitätsfalle“. Diese Lösung zeichnet sich auch bei den Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP um eine Reform der Mindestsicherung ab.
Die heimische Konjunktur entwickelt sich indessen stabil. Der IV-Konjunkturbarometer ist von 16 auf 22 Punkte gestiegen. Unternehmen würden aber für die nächsten Monate keine Besserung mehr erwarten, so die IV. Investitionen würden nur dann getätigt, wenn alte Maschinen zu ersetzen seien, nicht, um zu expandieren.