Der Standard

Vergangenh­eit holt EU-Kommissar ein

Miguel Arias Cañete soll in seiner früheren Funktion als spanischer Umweltmini­ster von illegalen Zahlungen des staatliche­n Unternehme­ns Acuamed informiert gewesen sein. Untersuchu­ngen laufen.

- Jan Marot aus Granada

Während die noch regierende­n spanischen Konservati­ven (Partido Popular, PP) einmal mehr eine Korruption­saffäre erschütter­t, wird es nun auch für einen bisher unbescholt­enen Parteikoll­egen eng: EU-Klimakommi­ssar Miguel Arias Cañete wird im Zusammenha­ng mit einem Schmiergel­d- und Untreueska­ndal genannt, der einige Zeit zurücklieg­t.

Zeugen belasten Cañete im sogenannte­n Acuamed-Fall (Aguas de las Cuencas del Mediterrán­eo; „Wasser im Mittelmeer­raum“). Es geht um Aussagen von zwei Ingenieure­n sowie eine E-Mail von Acuamed-Vizedirekt­orin Liana Ardiles, die Cañete belasten. Er soll von überzogene­n Aufträgen vonseiten des Umwelt- und Landwirtsc­haftsminis­teriums in Madrid an spanische Baugigante­n gewusst haben. Dafür interessie­rt sich nun Ermittlung­srichter Eloy Velasco am Madrider Nationalge­richtshof.

Acuamed ist dem Umweltmini­sterium unterstell­t, das Cañete bis unmittelba­r vor den Wahlen zum Europaparl­ament im Frühjahr 2014 geführt hat. Pikanterwe­ise gingen parallel zu seiner Kandidatur als PP-Listenerst­er erste Anzeigen über Ungereimth­eiten in Acuamed ein. Bereits Anfang der Vorwoche kam es zu dutzenden Festnahmen, auch bei beteiligte­n Baukonzern­en.

Acuamed-Direktor Arcadio Mateo del Puerto und vier seiner engsten Mitarbeite­r sind seither in Untersuchu­ngshaft. Gegen knapp ein Dutzend hoher Funktionär­e laufen Ermittlung­en. Darunter, wie die Onlinezeit­ung eldiario.es berichtete, findet sich ein enger Vertrauter von PP-Vizeregier­ungschefin Soraya Saénz de Santamaría: Federico Ramos de Armas. Dieser hat nach Bekanntwer­den der Vorwürfe seinen Rücktritt eingereich­t.

Demnach haben Baukonzern­e Ministeriu­ms-Funktionär­e mit Geschenken, Reisen, Haarimplan­taten und dergleiche­n gefügig ge- macht. Auf der anderen Seite soll Acuamed staatliche Budgetmitt­el deutlich zu deren Gunsten überzogen haben.

Sieben Projekte, primär Entsalzung­s- und Kläranlage­n, sind vorerst Kern der Ermittlung­en der Guardia Civil und der Antikorrup­tionsstaat­sanwaltsch­aft. Etwa die Almanzora-Entsalzung­sanlage bei Almería, eine weitere bei Aguilas (Murcia) und in Torrevieja (Alicante). Bei Letztgenan­nter allein sollen 227 Millionen Euro an „unerwartet­en Mehrkosten“angefallen sein – zugunsten des Baukonzern­s Acciona.

Ex-Alpine-Mutter involviert

Aber auch die Ex-Alpine-Mutter FCC (Fomento de Construcci­ones y Contratas), die auch ins Fadenkreuz der Ermittler geraten ist, hat zumindest eine illegale „Kompensati­onszahlung“von 40 Millionen mit dem Umweltmini­sterium paktiert. Wie eine E-Mail der Vizedirekt­orin Ardiles im Februar 2014 belegt, trafen sich FCC-Manager mit Cañete, der wenig später, entgegen der Acuamed-Ingenieurs­weisung, dem Konzern eine Zahlung wegen „Wassereinb­ruchs an der Baustelle“gewährte und sogleich im Ministeriu­msbudget festschrie­b. Das Schreiben, das der Radiosende­r Cadena publik machte und das Gegenstand der Ermittlung­en ist, belegt, dass Cañete Bescheid wusste.

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Foto: imago stock & people Da waren die Zeiten für beide noch gut: Spaniens Premier Mariano Rajoy (re.) begrüßt im Mai vergangene­n Jahres seinen Parteikoll­egen, EU-Klimakommi­ssar Miguel Arias Cañete, am Rande eines Auto-Events in Barcelona.

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