Der Standard

Ein Zug, ein Boot, ein Ziel, kein Fahrer

Österreich­s Basketball-Nationalte­am hat ein halbes Jahr vor Beginn der EM-Qualifikat­ion noch keinen Teamchef. Der Verband will bald fündig sein, hofft auf den möglichen NBA-Spieler Jakob Pöltl und gelobt mehr Profession­alität.

- Florian Vetter

Wien – „Der Zug rollt“, sagt Hubert Schreiner seinen Kritikern, „und entweder sie steigen ein, oder sie bleiben halt zurück“. Michael Schrittwie­ser bemüht eine andere Metapher. „Wir sitzen am Ende alle in einem kleinen Boot. Und jeder Schuss geht am Ende in die eigene Bugwand.“So oder so, es soll also endlich vorwärtsge­hen im österreich­ischen Basketball. Schreiner ist neu gewählter Präsident des österreich­ischen Basketball-Verbandes (ÖBV), Schrittwie­ser sein Sportdirek­tor.

Dem ÖBV steht wieder einmal eine EM-Qualifikat­ion ins Haus (31. August bis 17. September). Die Gegner auf dem Weg zur EuroBasket 2017 sind in Gruppe B Deutschlan­d, Dänemark und Niederland­e. Die jeweiligen Gruppensie­ger und die vier besten Zweiten steigen auf. „Kein fantastisc­hes Los, aber wir können da- mit leben“, sagt Schreiner. Das Nationalte­am hat noch immer keinen Teamchef. Seitdem der Vertrag von Werner Sallomon im Sommer 2015 nicht verlängert wurde, ist der Posten vakant. Schreiner hatte für November einen neuen Trainer angekündig­t. „Wir suchen keinen Landesliga-Trainer, wollen aber auch keinen Schnellsch­uss.“ Für die Suche des Teamchefs ist Sportdirek­tor Schrittwie­ser zuständig. Der 48-jährige Steirer erstellte ein Anforderun­gsprofil, von ursprüngli­ch 25 Kandidaten stehen mittlerwei­le drei in der engeren Auswahl. „Es muss ein Trainer mit Erfahrung sein, also jemand, der bereits bei einer EM gecoacht hat. Und er soll möglichst wenig Angriffsfl­äche für Liga und Verband bieten“, sagt Schrittwie­ser. Ein absoluter Wunschkand­idat war der Kanadier Gordon Herbert, dieser hat aber seinen Vertrag bei Frankfurt in der deutschen Bundesliga verlängert, mit der Bedingung, kein Nationalte­am zusätzlich zu coachen. FulltimeTe­amchefs im Basketball sind nämlich im Gegensatz zum Schlaraffe­nland Fußball die Ausnahme. Anfragen gab es von Coaches mit NBA-Erfahrung, aber „ein Phil Jackson oder Gregg Popovich waren nicht dabei“. Die Mittel des ÖBV sind begrenzt. In der ersten Februarwoc­he soll der Teamchef präsentier­t werden.

Mithelfen könnte auf dem Weg zur EM auch Jakob Pöltl. Mit der Betonung auf „könnte“. Sollte der 20-jährige Wiener im Sommer in der NBA landen, wäre ein Einsatz im ÖBV-Dress ungewiss. Viele NBA-Rookies absolviere­n die gesamte Vorbereitu­ng bei ihren neuen Klubs in den USA, da bleibt keine Zeit fürs Nationalte­am. Für Schrittwie­ser ist das „Schnee von morgen. Ich gehe nicht von einer automatisc­hen Absage aus.“

Dass die Nationalte­ams als Lokomotive ihrer Sportart in Zukunft öfter spielen, dafür sorgt eine Entscheidu­ng des Basketball­Weltverban­des (Fiba). Wie im Fußball werden ab 2017 auch im Basketball während der Saison EM- und WM-Qualifikat­ionsSpiele ausgetrage­n. Zu den Zeitfenste­rn im Sommer kommen jeweils zehn Tage im November und im Februar dazu. Die NBA wird ihren Spielbetri­eb dafür allerdings nicht unterbrech­en und keine Spieler abstellen.

Neue Kommunikat­ionsstrukt­uren, Organigram­me, ein Förderprog­ramm inklusive Beratung durch den ehemaligen deutschen Teamtraine­r Henrik Dettmann sind geplant und teilweise umgesetzt: Österreich­weit wurden alle 14-jährigen Basketball­er und Basketball­erinnen sportmotor­isch getestet. Das Team hat mehr Legionäre in starken Ligen denn je. Schrittwie­ser: „Dem Verband geht es besser, als er glaubt.“

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Foto: AP / Elaine Thompson Jakob Pöltl hat sich beim College-Team Utah gemausert.

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