Was sonst noch anstünde
Die Flüchtlinge sind das dominierende Thema. Mit einem gewissen Recht. Die Stabilität unserer ziemlich autoritär gestimmten Demokratie hat etwas damit zu tun. s stünden aber noch jede Menge anderer Themen zur Lösung an, einige davon sind mindestens so sehr von existenzieller Bedeutung für Österreichs Wohlstand und damit sozialen Frieden.
Soweit man aus den äußerst spärlichen Einlassungen der Unternehmensführung und der Politik entnehmen kann, befindet sich die OMV, Österreichs größtes Unternehmen, weiterhin auf einem Kurs, der eine überaus enge Anbindung an Putins Russland bedeutet. Der Tausch von Vermögenswerten – Raffinerie Schwechat gegen eine Beteiligung an einem Gasfeld – mit dem von Putin-Freunden beherrschten Staatskonzern Gazprom scheint weit fortgeschritten. Vizekanzler Mitterlehner und Finanzminister Schelling scheinen einverstanden, Kanzler Faymann hat sich noch nicht substanziell geäußert.
Damit wäre ein weiterer österreichischer Leitbetrieb unter ausländischem Einfluss: Die AUA ging an die Lufthansa, die Telekom an die Mexikaner, die Bank Austria, die schon länger an die italienische Unicredit ging, wird derzeit gerade zusammengestutzt, wichtiges Knowhow wie die Osteuropaabteilung nach Mailand verlagert. Nun will auch noch die OMV eine ganz enge Bindung mit einem Energiekonzern eingehen, der das strategische Instrument von Putins internationaler Machtpolitik ist.
Vielleicht sind diese Befürchtungen gegenstandslos,
Evielleicht ist es einfach marktwirtschaftlicher Alltag, dass bekannte Großunternehmen in ausländischen Konzernen aufgehen. Mit Sicherheit sind auch spezifische österreichische Bedingungen am Niedergang schuld: Die Bank Austria etwa leidet darunter, dass bei ihr als „SP-Bank“jahrzehntelang schöne Zusatzpensionen gezahlt und Mitarbeiter „definitiv gestellt“(unkündbar) wurden. Aber das wäre zu verkraften, gäbe es a) nicht immer noch einen enorm privilegierten Sektor im staatsnahen Bereich; und würde b) „unten“etwas nachwachsen. Mittelständische Unternehmer klagen schon länger, dass sowohl reale Bedingungen, wie enormer Bürokratismus, wie auch psychologische, nämlich die Abwertung des Unternehmertums als irgendwie gesellschaftlich unerwünscht, ihnen die Lust verderben.
Der Thinktank Agenda Austria liefert dazu die Illustration: Österreich steht bei Neugründungen unter 28 EUStaaten vor Polen an vorletzter Stelle. Ursachen: die auf den Schutz bestehender Betriebe ausgerichtete Gewerbeordnung und die Fülle an bürokratischen Schikanen. rhard Fürst, der zuletzt den Bereich Wirtschaft und Industriepolitik in der Industriellenvereinigung leitete, nennt Österreichs Kurs einen „Suizid auf Raten“: Wichtige Parameter verschlechtern sich laufend, weil es keine Reformen gibt. Das wirkt sich unmittelbar auf die Stimmung, sowohl beim Konsum als auch bei den Investitionen aus. Und es führt zu hoher Arbeitslosigkeit. Das in Kombination mit der Flüchtlingsfrage führt politisch schnurstracks auf den ungarisch-polnischen Weg. hans.rauscher@derStandard.at
E