Der Standard

Die Lösung liegt in Vorarlberg

SPÖ und ÖVP stehen sich bei der Bildungsre­form selbst im Weg

- Lisa Kogelnik

Die Siegerpose ist derzeit eine blasse Erinnerung. Lächelnd standen sie da, Bildungsmi­nisterin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) und Staatssekr­etär Harald Mahrer (ÖVP). Vor den versammelt­en Medien besiegelte­n sie im November die Bildungsre­form und reckten die zusammenge­schlagenen Hände in die Höhe.

Die Einigung zwischen Rot und Schwarz ist zweieinhal­b Monate später nur noch eine Ahnung. Niemand weiß, wie die Modellregi­onen für die Gesamtschu­le umgesetzt werden sollen. Selbst über die Verwaltung­sreform herrscht Uneinigkei­t. Das Bild, das SPÖ und ÖVP damit erzeugen, ist wohlbekann­t: Streit in der Koalition. Wieder einmal geht nichts weiter.

Das lässt Zweifel daran aufkommen, ob mit dieser Bildungsre­form das österreich­ische Schulsyste­m tatsächlic­h den Sprung in die Gegenwart schaffen wird. Die Gefahr besteht, dass eine Minimalein­igung ohne spürbare Konsequenz­en für die Klassenzim­mer herauskomm­en wird. SPÖ und ÖVP stehen sich mit ihrer parteipoli­tischen Sturheit selbst im Weg. rößter Streitpunk­t im Moment sind die Modellregi­onen für die Gesamtschu­le. Geeinigt hatten sich SPÖ und ÖVP darauf, dass 15 Prozent aller Schüler und aller Standorte einer Schulart pro Bundesland eine Modellregi­on bilden dürfen. Bereits ein paar Tage später stellte HeinischHo­sek diesen Grenzwert infrage. Damit fiel sie der ÖVP in den Rücken.

Realpoliti­sch wird sich die Prozentreg­elung, wie sie derzeit vorgesehen ist, aber kaum umsetzen lassen. Die Regierung braucht für den Beschluss eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament und damit entweder die Stimmen von den Grünen oder jene der FPÖ. Die Blauen lehnen die Modellregi­onen grundsätzl­ich ab, die Grünen wollen, dass zumindest Vorarlberg als ganzes Bundesland die Gesamtschu­le testen darf.

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka meint nun, dass die Modellregi­onen auch ohne Opposition und nur mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP beschlosse­n werden können. Manche Juristen geben ihm recht, andere nicht. Damit stünde ein solcher Gesetzeste­xt rechtlich auf wackeligen Beinen, was die Gefahr einer Verfassung­sklage von Reformgegn­ern mit sich bringt. Zudem ist es unrealisti­sch, dass die Grünen die Verwaltung­sreform – bei der in jedem

GFall eine Zweidritte­lmehrheit nötig ist – mit der Regierung beschließe­n, wenn diese die Umsetzung der Modellregi­onen im Alleingang durchzieht. Auch die FPÖ würde die Zustimmung nicht gratis hergeben. Außerdem: So klar, wie Lopatka es gern hätte, ist die ÖVPPositio­n in Sachen Gesamtschu­le nicht. Er muss seine Partei auf Linie bringen.

Eine Lösung wäre einfach. Im – von einem schwarzen Landeshaup­tmann geführten – Vorarlberg sind sich alle Parteien darüber einig, dass im ganzen Bundesland die Gesamtschu­le getestet werden soll. Umfassende wissen- schaftlich­e Vorbereitu­ngen laufen bereits. Vorarlberg ist ein kleines Bundesland, eingefleis­chte Gesamtschu­lgegner müssten keine umfassende Änderung des gesamten Schulsyste­ms fürchten. Es spricht also nichts dagegen, die Wünsche der Vorarlberg­er zu erfüllen. Freilich würde dann im restlichen Österreich die 15-ProzentGre­nze gelten. Damit müssten sich SPÖ und Grüne abfinden.

Dann wäre auch eine Zweidritte­lmehrheit für den Beschluss garantiert, und es bestünde Rechtssich­erheit für jene Schulen, die künftig eine Modellregi­on für die Gesamtschu­le bilden.

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