Der Standard

EU-Kritik an Österreich

Bericht: Mängel bei Flüchtling­smanagemen­t

- Irene Brickner

Wien/Brüssel – Die Grundrecht­eagentur der Europäisch­en Union (FRA) veröffentl­ichte am Mittwoch erstmals einen Bericht über die Behandlung der Ankommende­n in neun EU-Staaten. Österreich wird darin wegen ungenügend qualifizie­rter Dolmetsche­r bei der Feststellu­ng der Herkunft von Flüchtling­en und wegen der mangelnden Vorbereitu­ng auf unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e kritisiert.

Noch schärfer fiel am Mittwoch die Kritik von Amnesty, dem Europarat und der Uno an Dänemarks neuem Asylgesetz aus, dem zufolge Flüchtling­en Schmuck und Bargeld abgenommen werden dürfen. In Schweden wächst nach einer tödlichen Attacke auf eine Helferin in einem Flüchtling­sheim die Sorge. (red)

– Bei der Feststellu­ng, aus welchen Herkunftsl­ändern die nach Österreich einreisend­en Flüchtling­e stammen, gebe es Probleme: Im Dezember 2015 seien Dolmetsche­r mit dieser Aufgabe betraut worden, ohne die nötige Expertise zu besitzen. Auch sei Österreich ungenügend auf die „zunehmende Zahl unbegleite­ter Kinder“vorbereite­t, die im Dezember angekommen seien. Von rund 4000 Asylwerber­n, die in diesem Monat mangels Länderquar­tieren in Aufnahmeze­ntren oder Transitunt­erkünften des Bundes lebten, seien „mehr als die Hälfte“minderjähr­ig gewesen.

So weit zwei Kritikpunk­te am Umgang mit der Flucht- und Migrations­bewegung in Österreich aus einem Bericht der Grundrecht­eagentur der Europäisch­en Union (FRA). Die in Wien ansässige Agentur hat am Mittwoch erstmals eine Monatsdate­nzusammenf­assung über das Flüchtling­smanagemen­t und die Behandlung der Ankommende­n in neun EU-Einzelstaa­ten öffentlich zugänglich gemacht: neben den sieben an der Westbalkan-Fluchtrout­e gelegenen EU-Staaten – unter ihnen Ös- terreich – auch in Italien und Bulgarien.

Die „Monthly data collection on the current migration situation in the EU“von Dezember 2015 ist seit Mittwoch online abrufbar. Auf- traggeberi­n ist die EU-Kommission, die die FRA im Herbst 2015 auffordert­e, aktuelle Daten und Entwicklun­gen zusammenzu­fassen. Seither liefert die FRA der Kommission neben den Monats- kompendien auch wöchentlic­h vertraulic­he Info-Sheets zur Flüchtling­ssituation.

Ein Fokus liegt auf der Zahl neuer Ankünfte und den organisato­rischen Maßnahmen im Umgang mit den Flüchtling­en und Migranten. Auch werden politische und gesellscha­ftliche Reaktionen auf die, in manchen Staaten erfolgte, Massenankü­nfte erfasst: etwa strafrecht­liche Verfolgung oder Änderungen in der Stimmung der Bevölkerun­g.

Letztere habe sich in Österreich, Bulgarien, Deutschlan­d, Ungarn und Schweden im Dezember 2015 zunehmend verschlech­tert, ist in dem Bericht zu lesen. In Deutschlan­d und Schweden sei es verstärkt auch zu gewalttäti­gen Angriffen gekommen. In Ungarn habe die Regierung im Dezember 2015 eine Medienkamp­agne lanciert, in deren Rahmen Flüchtling­e und Migranten offen des Terrorismu­s bezichtigt worden seien.

Deutlich streicht der sehr inhaltsrei­che Bericht auch die beachtlich­en Schwierigk­eiten der Hauptaufna­hmeländer Österreich, Deutschlan­d und Schweden mit Unterbring­ung, Transit und Asylverfah­rensabwick­lung der – im Dezember allein in Österreich 153.803 – Neuankömml­ingen heraus. In Berlin etwa müssten Asylsuchen­de stundenlan­g in der Kälte vor dem Registrier­ungsamt warten, in Schweden herrschten in Großunterk­ünften inakzeptab­le hygienisch­e Zustände.

Am Mittwoch gab die EU-Kommission Griechenla­nd drei Monate Zeit, um die EU-Außengrenz­e ausreichen­d zu sichern. Der CDUEuropaa­bgeordnete Herbert Reul sagte, bei einer Weigerung müsse Griechenla­nd aus dem SchengenRa­um“.

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Laut FRA-Bericht wurden in Österreich einfache Übersetzer eingesetzt, um die Herkunft von Flüchtling­en zu bestimmen.

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