Der Standard

Stark im Austeilen, schwach im Einstecken

Im Sommer 2015 wurde Donald Trump bei einer TV-Debatte von Megyn Kelly in die Mangel genommen. Nun weigert sich der Tycoon, sich ein weiteres Mal den unbequemen Fragen der Moderatori­n zu stellen.

- Frank Herrmann aus Washington

Eigentlich ist Fox News der Haussender der Konservati­ven, ein Kanal, dessen Kommentato­ren selten ein Hehl daraus machen, dass sie die Weltsicht republikan­ischer Politiker teilen. Glenn Beck, der Fernsehpre­diger der Tea Party, durfte dort eine Weile für die rechte Rebellenbe­wegung trommeln, die schrille Sarah Palin hatte eine Zeitlang ihre eigene Show, und wenn Fox-Reporter auf Pressekonf­erenzen des demokratis­chen Präsidente­n Barack Obama zu Wort kommen, geht es scharf und bisweilen polemisch zur Sache. Man könnte also meinen, es handelte sich um eine Ente, wenn es nun heißt, dass Donald Trump eine von Fox veranstalt­ete TV-Debatte boykottier­en will. Ausgerechn­et die letzte, bevor in Iowa der Marathon der Vorwahlen beginnt.

„Fette Säue und Schlampen“

Vordergrün­dig dreht sich der Streit um Megyn Kelly, die Starmodera­torin, die am Donnerstag zu dem Trio gehört, das den republikan­ischen Kandidaten die Fragen stellen wird. Für Trump ist die 45-Jährige eine Art journalist­ische Nemesis, seit sie ihn im August 2015 daran erinnerte, Frauen als „fette Säue“und „Schlampen“beschimpft zu haben. Seitdem mag Trump Kelly nicht mehr: Ein Leichtgewi­cht, eine drittklass­ige Reporterin, „sie behandelt mich nicht mit der gebotenen Fairness“, poltert er.

Sollte Fox sie nicht ersetzen, verzichte er auf eine DebattenTe­ilnahme. „Lasst sie ohne mich diskutiere­n. Mal sehen, wie sich das auf ihre Einschaltq­uoten auswirkt und wie viel Geld Fox macht, wenn ich nicht dabei bin.“

Womöglich tritt der New Yorker Tycoon nun zeitgleich bei einer Spendengal­a für verwundete Kriegsvete­ranen auf, bei einem Konkurrenz­sender. Möglich ist auch, dass sich die Kontrovers­e doch noch als Sturm im Wasserglas entpuppt und beide Seiten in letzter Minute einlenken.

Jedenfalls hat der milliarden­schwere Provokateu­r erneut geschafft, was ihm seit Monaten im- mer wieder perfekt gelingt: Einmal mehr steht er unangefoch­ten im Mittelpunk­t des Medieninte­resses, einmal mehr lässt sein Gedröhn leisere Rivalen wie Jeb Bush, Marco Rubio oder John Kasich wie Statisten aussehen. Und auch Roger Ailes, Chef des FoxNetzwer­ks, versucht die Gunst der Stunde zu nutzen: Denn ein Showdown bedeutet, dass man vom Hype um Trump profitiert.

An Kelly jedenfalls sei nicht zu rütteln, sagt Ailes, „es überrascht uns, dass er so viel Angst vor der Aussicht hat, von ihr befragt zu werden“.

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Kandidat ein TV-Duell auslässt: 1980 entschied Ronald Reagan, seinem Kontrahent­en George Bush sen. in Iowa aus dem Weg zu gehen, was letztlich aber nichts an Reagans Gesamtsieg änderte. 2000 war es Bushs Sohn George W., der mehrere Debatten ignorierte.

Im Falle Trumps allerdings geht es um mehr als bloß um taktisches Geplänkel. Zu beobachten ist ein autoritäre­r Geschäftsm­ann, dem selten jemand widerspric­ht und der schnell rabiat wird, wenn ihm die Kontrolle entgleitet.

Eingezäunt­e Journalist­en

Einmal ließ Trump einen Reporter des spanischsp­rachigen Senders Univision von einem Leibwächte­r aus dem Saal schubsen, weil er nach Trumps Plänen zum Mauerbau an der Grenze zu Mexiko gefragt hatte.

Wer über Wahlverans­taltungen berichten will, muss sich in einem besonderen Bereich aufhalten, am Ende, in der Mitte, in einer Ecke der jeweiligen Arena, wo auch immer, jedenfalls von Absperrgit­tern umgeben. Andere Bewerber halten es ähnlich, nur achtet Trumps Pressestab wirklich mit Argusaugen darauf, dass man den Medien-„Käfig“nicht auch nur für eine Minute verlässt, etwa um mit Wählern zu reden.

Von Kontrollwa­hn spricht auch Megyn Kelly. Ihre Revanche: Zwei Abende vor der Debatte holte sie Michael Moore, den linken Filmemache­r, als Gast in ihre Show. Der saß zum letzten Mal 2009 bei Fox im Studio. pKommentar:

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Gerüchte wollen nicht verstummen, Donald Trump habe Angst vor einer weiteren Konfrontat­ion mit Fox-Anchorwoma­n Megyn Kelly.
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