Nüchterne Versöhnung in Paris
Frankreich und der Iran feiern ihre wirtschaftliche und politische Annäherung – ohne jeden Trinkspruch
Der erste Paris-Besuch eines iranischen Präsidenten in diesem Jahrtausend wäre fast ins Wasser gefallen. Oder in den Wein: Die Gäste verlangten nämlich ein islamisch korrektes Halal-Menü ohne Schweinefleisch und Wein. Ersteres wäre noch vermeidbar gewesen. Aber ein Pariser Dîner ohne das französische Nationalgetränk? Ex-Präsident Jacques Chirac hatte schon 1999 lieber ein Treffen mit dem damaligen iranischen Staatschef Mohammed Khatami platzen lassen, als Abstriche am Laizismus seines Landes zu machen – auch das französische Savoir-vivre hat religionsneutral zu sein.
2016 steht aber für beide Seiten zu viel auf dem Spiel: Die französische Regierung will die einst „privilegierten Beziehungen“zu Teheran neu lancieren, um im Syrien-Konflikt vorwärtszukommen und Aufträge für die lahmende Wirtschaft ihres Landes zu ergattern. Der Iran will über hundert Airbus-Flugzeuge kaufen und versucht, nach dem Ende der UNSanktionen Konzerne wie Peugeot, Total oder Bouygues auf den Markt zurückzuholen.
Eine Absage des Treffens wegen ein paar Flaschen Bordeaux kam für François Hollande also nicht infrage. Für heute, Donnerstag, wurde daher ein Termin zwischen den Essenszeiten gefunden: Laut Élysée-Agenda findet das Essen mit Rohani um 15 Uhr statt. Viele Pariser Medien berichten seitenlang über die „historische“Visite – die delikate Getränkefrage erwähnen sie nicht. Vielleicht weil sie bezeichnend ist für die nicht sehr herzliche bilaterale Gefühlslage.
Trotz aller Wirtschaftsinteressen bleibt das iranische Regime verschnupft über den harten Kurs des französischen Außenministers Laurent Fabius in den Atomverhandlungen und über die Nähe der Franzosen zu Saudi-Arabien. Frankreich stört sich seinerseits an der iranischen Unterstützung für den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad.
Aufregung auch in Rom
Beim Besuch von Hassan Rohani in Rom am Montag hatten ebenfalls religiöse Motive für Gesprächsstoff rund um das Besuchsprogramm gesorgt: In den Kapitolinischen Museen wurden mehrere Nacktstatuen als Zeichen des Respekts für den muslimischen Glauben des iranischen Präsidenten verhüllt. Von zahlreichen Politikern gab es dafür harsche Kritik. (brä)