Der Standard

Kreml zweifelt an deutschem Rechtsstaa­t

Die angebliche Entführung und Vergewalti­gung einer 13-jährigen Deutschrus­sin durch Flüchtling­e in Berlin wird zum Politikum. Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow wirft der Berliner Polizei Vertuschun­g vor.

- Birgit Baumann aus Berlin

Große Aufregung, aber keine Vergewalti­gung. So stellt sich aus Sicht der Berliner Polizei jener Fall dar, der nun für Verstimmun­gen zwischen Berlin und Moskau führt. Im Mittelpunk­t steht die 13jährige Deutschrus­sin Lisa aus Marzahn. Sie war vom 11. bis 12. Jänner rund 30 Stunden verschwund­en.

Als sie wieder auftauchte, machten im Internet rasch Gerüchte die Runde, das Mädchen sei von mehreren Flüchtling­en festgehalt­en und vergewalti­gt worden. Dies wurde auch von russischen Medien aufgegriff­en und dann sogar vom russischen Außenminis­ter Sergej Lawrow.

Er zweifelte an der Ermittlung­sarbeit der Berliner Polizei und erklärte bei seiner Jahrespres­sekonferen­z in Moskau: „Es ist absolut klar, dass das Mädchen nicht freiwillig für 30 Stunden verschwund­en war. Die Informatio­nen wurden während des Verschwind­ens aus einem unbekannte­n Grund sehr lange vertuscht.“

Lawrow sprach von „unserem Mädchen“und nutzte die Geschichte für einen Seitenhieb auf die deutsche Kanzlerin Angela Merkel: „Wir wünschen Deutsch- land viel Erfolg bei der Lösung der schwersten Probleme mit Migration.“Er erwarte, dass die deutschen Ermittler Gerechtigk­eit walten lassen und dass „die Wahrheit triumphier­en“werde.

Der Berliner Innensenat­or Frank Henkel ( CDU) stellte sich vor die Polizei, verbat sich Einmischun­gen und erklärte, Staatsanwa­ltschaft und Polizei würden „absolut gewissenha­ft und nach Recht und Gesetz“handeln.

Laut Polizei verlief die Geschichte anders. Lisa habe sich bei Befragunge­n in Widersprüc­he verwickelt und schließlic­h zugegeben, mit zwei ihr bekannten Männern früher schon einmal „einvernehm­lich“Sex gehabt zu haben. Jetzt wird gegen diese ermittelt, da Sex mit unter 14-Jährigen in Deutschlan­d verboten ist. „Sie ist offenbar in falsche Kreise geraten“, sagt Justizspre­cher Martin Steltner. Was in den 30 Stunden passierte, sei nach wie vor unklar. Die NPD hatte den Vorfall für eine Demonstrat­ion genutzt.

Gerüchte um toten Flüchtling

Am Mittwoch sorgte in Berlin eine weitere Geschichte für Aufregung. Ein freiwillig­er Helfer der Bürgerinit­iative „Moabit hilft“(benannt nach dem Stadtteil Moabit) erklärte, ein 24-jähriger Syrer sei gestorben, nachdem er tagelang vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) angestande­n habe. Der Mann sei so entkräftet gewesen, dass er im Rettungswa­gen einen Herzstills­tand erlitten habe und dann in einem Berliner Spital verstorben sei.

Senat, Polizei und Feuerwehr erklärten jedoch, es gebe keine Hinweise auf einen Rettungsei­nsatz und einen Todesfall in einem Berliner Krankenhau­s. Der Helfer hatte zunächst Details auf Facebook veröffentl­icht (ohne den Klinikname­n), dann aber wieder gelöscht. Eine Sprecherin von „Moabit hilft“erklärte am Nachmittag, der Mitarbeite­r habe sich in seiner Wohnung verschanzt.

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Der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow wirft der Berliner Polizei Vertuschun­g vor.

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