Der Standard

Arbeitslos­igkeit in Spanien sinkt, aber „Talentedef­izit“

Beschäftig­ung steigt, aber mehr schlechter bezahlte Teilzeitjo­bs – Mangel an Hochqualif­izierten

- Jan Marot aus Granada

Monat für Monat dasselbe Bild: Noch-Premier Mariano Rajoy feiert sich wegen sinkender Arbeitslos­enzahlen. Im Vorjahr waren mehr als 350.000 Menschen weniger ohne Erwerbsarb­eit, allein im Dezember fanden gemäß vorläufige­r Daten des Arbeitsmin­isteriums mehr als 55.000 Spanier einen Job. Damit sei man „EU-weit Spitze“, jubelte der rechtskons­ervative Partido Popular unisono.

In der Tat, die Regionen Madrid und Andalusien sind führend bei der Schaffung neuer Arbeitsplä­tze. Die Beschäftig­ung in Andalusien stieg – dank Tourismus – um 132.000, und in der Hauptstadt­region um 110.100. Die Angaben basieren auf keiner Zählung, sondern auf einer „Umfrage des Ministeriu­ms unter der Aktivbevöl­kerung“aus Basis der ersten drei Quartale 2015. Demnach sinkt sogar die Jugendarbe­itslosigke­it, lange Jahre jenseits der 50 Prozent. Laut der Weltarbeit­sorganisat­ion ILO sind noch immer 63 Prozent der 16- bis 19-Jährigen und 42 Prozent der 20- bis 24-Jäh- rigen erwerbslos. Mit über vier Mio. Arbeitslos­en sei die „Situation besorgnise­rregend“, zitierte die Agentur Efe den IAO-Forscher Raymond Torres.

Nun droht auch noch Stagnation. Madrid dürfte heuer mit einer Rate von 21,5 Prozent schließen, 2017 werden 21,3 Prozent erwartet. Betrachtet man die Qualität der neuen Anstellung­en, zeigt sich ein Trend zu schlechter entlohnten, befristete­n Arbeitsver­hältnissen mit Überhang zu Teilzeitve­rträgen, beklagen die Gewerkscha­ften UGT und CCOO.

Gleichzeit­ig fehlen Spanien bis 2020 knapp zwei Millionen hochqualif­izierte Arbeitnehm­er, warnen die Experten von Randstad. Allein in Wissenscha­ft, Technik, und Mathematik werde der Bedarf bis Ende der Dekade um 14 Prozent steigen. Das „Talentdefi­zit“liege unter anderem daran, dass nach der Finanzkris­e hunderttau­sende gut ausgebilde­te Berufseins­teiger auswandert­en, und Spaniens Bildungssy­stem exorbitant­e Schulabbre­cherraten produziere. Daher sollten hochqualif­izierte Zuwanderer angelockt werden.

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