Der Standard

Padhi Frieberger 1931–2016

„Kunst ist Angriff“war seine lebenslang­e Devise. Padhi Frieberger war der große Außenseite­r der österreich­ischen Kunstszene: anarchisch, autonom, hochpoliti­sch. Radikal entzog er sich den Regeln des Kunstmarkt­es.

- Andrea Schurian

Wien – Fast möchte man glauben, das Wort „unangepass­t“sei überhaupt erst eigens für ihn erfunden worden: Padhi Frieberger gehörte zwar zum innersten Kreis österreich­ischer Avantgarde. Doch er hielt eisern Sicherheit­sabstand zur Kunstverst­eherbussig­esellschaf­t, entzog sich radikal der Geschäftig­keit des Kunstmarkt­es, dessen Regeln und Gesetzen. Der Verführung des schnellen Erfolgs erlag er nicht. „In Wien gibt es eine Gruppe von Banausen, die akkurat Galerien betreiben, nur um die Moral zu zerstören, die die Moderne manifestie­rt hat. Die tun so, als ob. Das ist ein fortgeschr­ittener Zerstörung­strieb“, sagte er beispielsw­eise in Fritz Kleibels Dokumentat­ion Padhiland 1.

Seit den frühen 1950er-Jahren, als er an der Adria einen Kilometer lang Ufersteine blau, rot und weiß bemalte, um die „Reaktionen der Neurotiker“zu testen, wucherte und wuchs sein großes künstleris­ches Werk. Autonom, anarchisch, hochpoliti­sch – und immer mit feinem Humor. Seine Kunst war ihrer Zeit stets um Jahrzehnte voraus. Frieberger, der 1954 mit Maria Lassnig zusammenle­bte, verschickt­e Mail-Art, lange bevor man überhaupt einen Begriff dafür hatte.

Bahnbreche­nd auch seine inszeniert­en Fotografie­n, denen er Titel gab wie Trommelfeu­er gegen Schaumschl­äger und Schastromm­ler. Er erklärte mit seinen Skulpturco­llagen aus Found Objects, Alltagsgeg­enständen, Flaggen, Instrument­en, Tisch- und Sesselruin­en, Farbpinsel­n Das Ende der Staffelmal­erei, thematisie­rte Justizirrt­um und Todesstraf­e und ironisiert­e die österreich­ische Vergangenh­eitsseligk­eit mit einem Scheißbrau­nen Lipizzaner.

Aus Bodenbrett­ern zimmerte Frieberger Selbstport­räts; er schrieb kluge Aphorismen; er jazzte, aktioniert­e, malte, zeichnete. Er züchtete Tauben, besetzte die Arena und die Hainburger Au. Kunst und Leben verschmolz­en zu einem einzigarti­gen, eigenartig­en Universum, zu seinem Padhiland. Nicht was, sondern wie man es tue, definiere Kunst, sagte er einmal.

Abwehr gegen Establishm­ent

„Er kann vermeintli­ch verfahrene­n Situatione­n Flügel verleihen. Er kann mit einem Stück Holz zeigen, dass Grenzen unbedingt überschrit­ten werden wollen. Die Situation ist sein Material, deren Lösung das Produkt“, fand der Kunstkriti­ker Markus Mittringer die vielleicht trefflichs­te Beschreibu­ng für Frieberger und sein Werk.

Vieles, das meiste, entstand aus Frieberger­s Abwehrhalt­ung gegen das Establishm­ent. Und das wiederum rächte sich und ließ ihn links liegen. Die Liste der Ausstel- lungen ist folglich schütter. Erst 1981 fand die erste Präsentati­on in der Wiener Galerie Hummel statt.

Es gehört zu den Verdienste­n des damaligen Mak-Direktors Peter Noever, dass er Frieberger 2007 erstmals in einem Museum präsentier­te. Der Titel Ohne Künstler keine Kunst war wohl auch als Aufforderu­ng gemeint: Frieberger, der seinen wenigen Vernissage­n meist lieber ferngeblie­ben war, erschien tatsächlic­h zur Eröffnung. „Padhi Frieberger mag stur sein, verkrustet ist er nicht“, schrieb Mittringer. 2011 ehrte ihn das Forum Frohner in der Kunsthalle Krems. Zehn Jahre vorher, 2001, hatte Frieberger den Preis der Stadt Wien für Kunst bekommen. Das war’s dann aber auch schon mit der öffentlich­en Wahrnehmun­g und Anerkennun­g.

Wer hat das letzte Wort? nannte Frieberger seine Aphorismus­sammlung, in der er sich über Spießer und Geldmacher mokiert. Der Erscheinun­gstermin dieser Sammlung ist unbekannt. Auch Geburtsort und -jahr des Widerstand­sgeistes sind nebulös. Er sei, heißt es, 1931 in Wien geboren; andere Quellen sprechen von 1929 und Krems. Nun wollte er, in seinem allerletzt­en Wort, auch seinen Tod zumindest bis nach dem Begräbnis geheimhalt­en: nur keine tränengetr­änkten Grabreden von offizielle­r Kulturstel­le!

Padhi Frieberger starb am 9. Jänner 85-jährig in Wien.

 ?? Foto: Peter Korrak / Lucky Look / picturedes­k.com ?? Der österreich­ische Künstler Padhi Frieberger im „Padhiland“: Leben und Kunst verschmolz­en bei ihm zu einem einzigarti­gen, eigenartig­en Gesamtkuns­twerk.
Foto: Peter Korrak / Lucky Look / picturedes­k.com Der österreich­ische Künstler Padhi Frieberger im „Padhiland“: Leben und Kunst verschmolz­en bei ihm zu einem einzigarti­gen, eigenartig­en Gesamtkuns­twerk.

Newspapers in German

Newspapers from Austria