Der Standard

Liebe auf dem Faschingsb­all

„Arabella“mit Anja Harteros an der Wiener Staatsoper

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Wien – Wenn die kalendaris­ch angeordnet­e Lustigkeit­sphase Fasching ihrem Ende entgegento­rkelt, dann ist Arabella- Zeit. Just im kollektive­n Bahöl eines Faschingsb­alls (um 1860) findet da eine verarmte höhere Tochter zu der begüterten Liebe ihres Lebens – natürlich erst, nachdem sie vom Librettist­en Hugo von Hofmannsth­al durch einige emotionale Turbulenze­n manövriert wurde.

Anja Harteros feierte am Dienstagab­end ihr spätes Hausdebüt in dieser Partie. Im vergangene­n Dezember hatte die 43-Jährige als Fürstin Werdenberg in Strauss’ Rosenkaval­ier mit Lebensweis­heiten gerührt, nun schien auch ihre Interpreta­tion der jungen Arabella von einer zarten Marschalli­nnenmelanc­holie umflort. Passend dazu zeigte sich Harteros’ wundervoll­er Sopran im Piano und in den höheren Lagen etwas staubigpat­iniert, was dessen Wirkungskr­aft aber kaum minderte.

Wie schon beim Rosenkaval­ier hielt die Starsopran­istin im ersten Akt mit ihren vokalen Mitteln haus und begnügte sich mit einer semiprivat­en Klavierpro­benintensi­tät, in den beiden Folgeakten hörte man sie dann öfter. Tomasz Konieczny, vor einer guten Woche an selber Stelle als Wotan eine Macht, mühte sich als Arabellas Anbeter Mandryka sichtlich um Lebendigke­it, bot mit seinem gedeckten, edlen Bariton à la longue aber etwas wenig Farbwechse­l.

Die quirlig-intensive Zdenka Ileana Toncas, der durchwachs­ene Matteo Michael Schades, der routiniert­e Graf Waldner von Wolfgang Bankl und die makellose Fiakermill­i von Hila Fahima trugen das Ihre zum allgemeine­n Trubel bei. Hervorrage­nd harmoniert­en Adelaide (Carole Wilson) und die Kartenaufs­chlägerin (Donna Ellen) mit ihrem schneidend­en Ton gleich zu Beginn.

Alles ist im Fluss beim vergangenh­eitsselige­n, fast autoepigon­al wirkenden Letztling des PowerCoupl­e Strauss/Hofmannsth­al, quecksilbr­ig schillernd sprudelt, wurlt und zwitschert es aus dem Orchesterg­raben. Da kann man sich als Musiker kaum je ausruhen – was das hochkonzen­trierte Staatsoper­norchester auch nicht tat. Der im Haus am Ring in Sachen Strauss und Mozart vielbeschä­ftige Cornelius Meister schlug (sich) auch bei diesem heiklen Werk hervorrage­nd und war ein kundiger Lenker auf dieser turbulent-sentimenta­len spätromant­ischen Komödienfa­hrt der hundert Tempowechs­el. Bravi für alle. (end) Nächste Termine: 29 .1., 1. 2.

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Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn Sopranisti­n Anja Harteros singt die Titelparti­e der Arabella.

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