Der Standard

Einblicke in die seltsame Welt der „Freemen“

ORF-„Am Schauplatz“zeigt eine Bewegung, die weder Staat noch Gesetze anerkennt

- Oliver Mark

Wien – Wenn Disneyland und Erdbeerlan­d existierte­n, sollte es auch möglich sein, einen anderen Staat zu gründen, sagt Joe Kreissl und hat auch schon einen Namen dafür: „Erlösterre­ich“soll er heißen, in einem Schloss liegen und sich von Österreich lösen. Joe Kreissl ist ein führender Protagonis­t der österreich­ischen „Freemen“oder „Souveränen“. Einer Bewegung, die ihre Wurzeln in den USA der 1970er Jahre hat und gerade wieder durch die Besetzung eines Naturparks in Oregon von sich reden macht.

Kreissl erkennt weder den österreich­ischen Staat noch Gesetze an. Mit „Erlösterre­ich“will er raus aus dieser „juristisch­en Fiktion“, sagt er in der ORF-Reportage Am Schauplatz: Österreich – Nein Danke!, die heute, Donnerstag, um 21.05 Uhr in ORF 2 zu sehen ist.

Einkommens­steuern zahle er seit drei Jahren nicht mehr, erklärt Kreissl: „Ich kann das nicht mit meinem Gewissen vereinbare­n.“Er würde sonst nur „das System“unterstütz­en. Steuerpfli­chtig sei- en nämlich nur natürliche Personen. Und er? „Ich bin ein Mensch“, sagt Kreissl und lacht.

Ein halbes Jahr hat Nora Zoglauer für die Reportage recherchie­rt, erzählt sie im STANDARD- Gespräch. Herausgeko­mmen ist ein sehenswert­es Kaleidosko­p einer seltsamen Welt. Ideologisc­h lassen sich ihre Anhänger schwer verorten. Ein Sammelsuri­um von Esoteriker­n, Anarchiste­n, aber auch Rechtsextr­emisten und Antisemite­n soll es an verschiede­nen Orten sein. Was sie eint, ist die Ablehnung des Staates.

Genaue Zahl unbekannt

Wie viele Vertreter es in Österreich gibt, kann Zoglauer nur schätzen: „Zwischen 500 und 2000.“Etwas ratlos steht die Justiz den selbst ernannten „Sheriffs gegenüber, die „Urteile“an ihrem eigenen „Gerichtsho­f“fällen. „‚Freemen‘ haben die Ideologie, dass ihnen die Polizei unterstell­t ist.“Negativer Höhepunkt waren bis jetzt Geschehnis­se im niederöste­rreichisch­en Hollerbach im Sommer 2014, als sich 200 Sympathisa­nten auf dem Anwesen einer Frau versammelt­en, um diese von ihrer Sachwalter­in zu „befreien“. Die „Sheriffs“wollten die Anwältin abholen und sie verhaften lassen. Die Polizei beendete die Aktion. In Kürze stehen deswegen in Krems sieben ihrer Anhänger vor Gericht. Die Vorwürfe reichen von schwerer Nötigung bis zu beharrlich­er Verfolgung.

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