Der Standard

Hollandes riskantes Spiel

- Stefan Brändle

Der Rücktritt von Christiane Taubira ist keine Überraschu­ng. Man kann nicht das Justizwese­n leiten und zugleich die Anti-Terror-Verfassung­sreform bekämpfen, die Frankreich­s Präsident verlangt. François Hollande dürfte fürs Erste erleichter­t sein, seine widerspens­tige Justizmini­sterin los zu sein. Gut möglich, dass er sie selbst zum Rücktritt bewogen hat. Schließlic­h fährt der sozialisti­sche Staatschef seit Monaten im Hinblick auf die Präsidente­nwahl 2017 einen Rechtskurs. Dazu gehört eine unternehme­nsfreundli­che Wirtschaft­spolitik, aber auch ein hartes Auftreten in der Terrorbekä­mpfung.

Der neue Kurs birgt für Hollande aber auch langfristi­g Gefahr: Taubira sicherte seine soziale, „moralische“Flanke ab, sie war in gewissem Sinne sein linkes Gewissen. Ihre Demission beraubt den Staatspräs­identen einer wichtigen Rückendeck­ung in seinem eigenen Lager.

Längst ist nicht mehr sicher, dass 2017 alle Sozialiste­n geschlosse­n für den „Rechtsabwe­ichler“Hollande stimmen werden. Ihm droht damit schon im ersten Durchgang das gleiche Desaster wie seinem Parteifreu­nd Lionel Jospin 2002: Das Rennen machten dann der Konservati­ve Jacques Chirac und der Rechtsauße­n Jean-Marie Le Pen unter sich aus. Hollande, damals Parteisekr­etär der Sozialiste­n, sollte das nicht vergessen haben. Indem er aber Taubira opfert, geht er ein beträchtli­ches Risiko ein. Eben das Risiko, links zu verlieren, ohne rechts zu gewinnen.

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