Der Standard

Nostalgie statt hoffnungsv­oller Botschafte­n

Einst hätte vermutlich Marco Rubio als rechter Kandidat im Rennen um die republikan­ische Präsidents­chaftskand­idatur gegolten. Später überholte ihn der noch konservati­vere Ted Cruz – in Iowa stehen die beiden nun Donald Trump gegenüber.

- Frank Herrmann

Sosehr man in den vergangene­n Wochen versuchen mochte, dem Trubel zu entkommen; und sosehr die anderen republikan­ischen Kandidaten vor der womöglich für viele schon entscheide­nden Vorwahl versuchten, Aufmerksam­keit zu erhaschen: Letztlich kam man um Donald Trump doch nicht herum.

Dabei hatte der New Yorker Immobilien­mogul einst eher als Scherzkand­idat gegolten – als jemand, der die Kandidatur nur nützen wollte, um Werbung für seine Bücher und Firmen zu machen. Und das Talent zur PR, den Einblick in Empfinden und die Ängste vieler, nicht nur republikan­ischer Wähler hat er eindrückli­ch unter Beweis gestellt: Als er seinen Antritt verkündete, verband er es mit Attacken gegen Immigrante­n aus Lateinamer­ika und Importe aus China. Um die USA nach Süden abzuschott­en, schlug er vor, eine Mauer zu Mexiko zu errichten, während chinesisch­e Exporteure durch 45-Prozent-Zölle abgeschrec­kt werden sollen. Nach den Anschlägen von Paris forderte er die Einrichtun­g einer Datenbank, in der alle Muslime des Landes erfasst werden, und kurz darauf einen Einreisest­opp für Muslime.

Trumps Rhetorik richtet sich an eine Wählergrup­pe, die das Amerika der 1950er-Jahre nostalgisc­h verklärt, ein Amerika mit Straßenkre­uzern und unangefoch­tener weißer Mehrheit. Es sind vor allem Arbeiter mit immer schlechter bezahlten Jobs, die ihn unterstütz­en.

Zwar hat sich die US-Wirtschaft von der Finanzkris­e 2008 erholt – doch sie wächst auf so unfaire Weise, dass in niedrigen Einkommens­schichten vom Aufschwung nichts zu spüren ist. Häufig machen zu kurz Gekommene die Verdrängun­g durch Migranten für ihre Misere verantwort­lich.

Dabei hatte noch kürzlich ein anderer Mann als eine Art Symbolfigu­r des rechten Randes der Republikan­er gegolten: Als der Anwalt Ted Cruz im Herbst 2012 zum Senator von Texas gewählt wurde, war er so etwas wie das Aushängesc­hild der Tea Party.

Keine Kompromiss­e

In Washington profiliert­e er sich bald als Hardliner, der Kompromiss­e mit dem Kabinett Barack Obamas noch kategorisc­her ablehnte als die ohnehin schon wenig kompromiss­bereite Führung der Republikan­er. Im Wahlkampf wirkt Cruz wie der Chefideolo­ge der Rechten, während er Trump als windigen Opportunis­ten porträtier­t. Wichtigste Zielgruppe des Pastorenso­hns sind evangelika­le Christen. Weltpoliti­sch zählte Cruz eine Weile zu den Isolationi­sten. Neuerdings aber kehrt er den Falken heraus: Nach seinen Worten sollte die Air Force das Kalifat des „Islamische­n Staats“(IS) in Syrien und im Irak so flächendec­kend bombardier­en, dass man herausfind­en werde, ob Wüstensand im Dunkeln glüht.

Cruz wurde in Kanada als Sohn eines kubanische­n Vaters und einer amerikanis­chen Mutter geboren. Sein Rivale Trump zieht daher in Zweifel, ob er überhaupt fürs Weiße Haus kandidiere­n kann.

Die kubanische Herkunft teilt er mit dem Jüngsten im republikan­ischen Bewerberfe­ld, Marco Rubio. Anders als Trump steht der 44jährige Einwandere­rsohn für den Aufstieg aus einfachste­n Verhältnis­sen. Als Rubio den moderaten Konservati­ven Charlie Crist 2010 in Florida im Duell um einen Se- natssitz besiegte, surfte er auf der Tea-Party-Welle. Mittlerwei­le zählt er zum Establishm­ent, wobei er der ist, der vielleicht noch am ehesten Brücken von den konservati­ven Rebellen zu republikan­ischen Eliten bauen kann.

Der gelernte Jurist verfügt über herausrage­ndes Redetalent. Sollte er den Wettlauf um die Nominierun­g gewinnen, hofft er aus einem Finale gegen Hillary Clinton einen Konflikt der Generation­en zu machen. Eine Zeitlang bastelte er mit Senatorenk­ollegen an einer Reform des Einwanderu­ngsrechts. Angesichts der populistis­chen Töne in den eigenen Reihen distanzier­t er sich mittlerwei­le von dem (gescheiter­ten) Versuch.

In allen Umfragen weitgehend abgeschlag­en waren vorerst Bewerber wie der frühere Shootingst­ar Ben Carson sowie Rand Paul und Jeb Bush. Vor allem dem Bruder des Expräsiden­ten George W. Bush werden wegen seines großen Wahlkampfb­udgets dennoch Chancen zugeschrie­ben – vor allem dann, wenn die ersten der derzeit noch zwölf Kandidaten sich aus dem Rennen zurückzieh­en.

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Umfragen sehen vor den republikan­ischen Vorwahlen in Iowa einen Dreikampf zwischen Marco Rubio, Donald Trump und Ted Cruz (v. li.).
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Foto: APA / FP / Getty Images / Alex Wong Rückkehr zum „New Deal“: Bernie Sanders.
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