Der Standard

Das Duell um die Seele der Demokraten

Bernie Sanders spricht die Herzen vieler Wähler an, Hillary Clinton ihren Pragmatism­us

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Auch bei den Demokraten steht ein enges Rennen bevor. Der Umfragevor­sprung von Hillary Clinton auf ihren linken Konkurrent­en Bernie Sanders ist zuletzt bis auf wenige Prozentpun­kte geschrumpf­t.

Dabei hat es Sanders, unabhängig­er Senator aus Vermont, geschafft, die Koordinate­n der innerparte­ilichen Debatte so eindeutig nach links zu verschiebe­n, wie es ihm anfangs nur wenige zugetraut hatten. Seit den 1980er-Jahren ist er der erste Demokrat von Rang, der etwa für höhere Steuern plädiert. Sanders profitiert – im Grunde so wie Donald Trump bei den Republikan­ern – von der Enttäuschu­ng über die Eliten.

Nach seiner Agenda sollen staatliche Universitä­ten keine Gebühren mehr erheben, sodass Studierend­e keine teuren Kredite mehr aufnehmen müssten, um die derzeit horrenden Summen bezahlen zu können. Frauen will der Politikvet­eran für gleiche Arbeit den gleichen Lohn garantiere­n wie Männern, Eltern Krippen- und Kindergart­enplätze für den Nachwuchs und nach der Geburt eines Kindes mindestens zwölf Wochen bezahlten Urlaub.

In der Außenpolit­ik steht er für Zurückhalt­ung: Im Nahen Osten etwa sieht er die Nachbarlän­der Syriens und des Irak, weniger die USA in der Pflicht, gegen den „Islamische­n Staat“(IS) vorzugehen.

Am populärste­n ist der 74-Jährige unter Jüngeren. Gewinnt er in Iowa, wäre es ein Durchbruch.

Die Kunst des Machbaren

Für Hillary Clinton wäre es ein Déjà-vu. Die spätere Außenminis­terin hat eine solche Niederlage schon vor acht Jahren gegen Barack Obama erlitten. Nun wirbt sie an der Basis der Demokraten dafür, dass sie den von Obama eingeschla­genen Kurs ohne größere Korrekture­n fortsetzen wird. In ihren Wahlslogan­s präsentier­t sie sich als „Kandidatin der Kontinuitä­t“, während sie im Kontrast dazu warnt, dass das Land zu weit nach links driften würde, sollte Sanders im Weißen Haus residieren.

Außenpolit­isch steht Clinton aber für eine härtere Linie. Ihr Ja zum Irakkrieg 2003 belastet sie noch immer. Dem Dialog mit dem Iran, der in das Atomabkomm­en mündete, begegnete sie anfangs skeptische­r als Obama. In Sachen Syrien plädierte sie früh für eine Bewaffnung moderater Rebellen.

Innenpolit­isch beschwört sie die Kunst des Machbaren: Da sich an der republikan­ischen Mehrheit im Kongress vorläufig nichts ändern dürfte, gelte es realistisc­here Ziele anzusteuer­n. Clintons Achillesfe­rse, so stellt es Sanders heraus, ist ihre Nähe zur Wall Street – illustrier­t durch Redeauftri­tte bei Banken, für die sie sich fürstlich bezahlen ließ.

Zu ihren treuesten Fans zählen Frauen mittlerer und älterer Jahrgänge, die endlich eine Mrs. President erleben möchten. Im Duell mit Sanders ist Clinton weiter Favoritin. Der einst prophezeit­e Spaziergan­g wird es aber kaum.

Der Dritte im Bunde, Marylands Exgouverne­ur Martin O’Malley, gilt weiter nur als Zählkandid­at. (fh)

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Foto: APA / AFP / Getty Images / Win McNamee Realistisc­he, kleine Schritte: Hillary Clinton.
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