Der Standard

Meinl-Bank- Guthaben bei Nationalba­nk gepfändet

Die Meinl Bank hat ein Urteil in der Anlegercau­sa MEL nicht erfüllt. Daraufhin wurden Guthaben des Geldinstit­uts bei anderen Banken gepfändet. Der Kuckuck landete deshalb auch in der Notenbank: Bei ihr wurden rund drei Millionen Euro abgeholt.

- Renate Graber

Wien – Gerichtlic­he Pfändungen in der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB) haben eher Seltenheit­swert – aktive Notenbanke­r können sich an gar keinen derartigen Fall erinnern. Vor kurzem, nämlich Mitte Jänner, hat eine solche Exekution bei der OeNB – notabene: in deren Rolle als Drittschul­dnerin – aber tatsächlic­h stattgefun­den.

Auslöser und Betroffene­r der höchst ungewöhnli­chen Aktion: die Wiener Meinl Bank. Sie hat (auch abseits der vorgeschri­ebenen und unpfändbar­en Mindestres­erve) Guthaben bei der OeNB liegen. Jetzt sind es um rund drei Millionen Euro weniger. Denn dieser Betrag wurde auf Basis des gerichtlic­h bewilligte­n Exekutions­antrags eines Meinl-Bank-Gläubigers gepfändet und von der OeNB an dessen Anwalt überwiesen. Zuvor hatte die Meinl Bank ein Anlegerver­fahren in der Causa Meinl European Land (MEL) verloren. Das Oberlandes­gericht (OLG) Wien sprach dem MEL-Anleger in der zweiten Instanz etwas mehr als 2,6 Millionen Euro zu, das Urteil ist rechtskräf­tig. Die Meinl Bank hat aber trotzdem nicht gezahlt – mit der oben geschilder­ten Konsequenz. Selbige wird von der Meinl Bank bestätigt.

Deal mit reichem Ukrainer

Die Geschichte dahinter beinhaltet alle Zutaten einer für die Privatbank, die Julius Meinl V. zuzurechne­n ist, nicht völlig untypische­n Auseinande­rsetzung.

Dem Totalabstu­rz der MEL-Aktien (eigentlich: Zertifikat­e), die als quasi mündelsich­er beworben worden waren, folgte bekannterm­aßen eine Klagswelle. Viele der Verfahren wurden unter Exbankchef Peter Weinzierl verglichen – nicht aber jenes, um das es hier geht. Die Causa, im Zeitraffer nacherzähl­t: Der ukrainisch­e Chef eines Energiekon­zerns erwarb 2006 über die Gesellscha­ft Invest Consult 173.600 MEL-Zertifikat­e. Zwei seiner Berater (beide mit abgeschlos­senem Wirtschaft­sstudium, wie die Meinl Bank vor Gericht ausführte) waren beim Informatio­nsgespräch mit der Meinl Bank dabei. Im Juni 2009, nach dem MELAbsturz, brachte der Investor beim Handelsger­icht (HG) Wien eine Irrtumsanf­echtungskl­age ein. Er sei beim Kauf getäuscht und nicht über die Risiken aufgeklärt worden, so sein Argument. Man habe erklärt, dass die MEL-Papiere nicht riskant seien, weil in gewerblich­e Liegenscha­ften investiert werde und deren Wert „immer steigen würde“, hieß es im Urteil des HG Wien.

Der Kläger sei davon ausgegange­n, dass er zumindest das von ihm eingesetzt­e Kapital von 3,5 Mio. US-Dollar wieder zurück- erhalten werde. Er habe seine „Familienre­serve“sicher anlegen wollen.

Das HG Wien gab dem Ukrainer Recht, der Kläger sollte gegen Rückgabe der MEL-Papiere 2,8 Mio. Euro bekommen.

Die Meinl Bank berief. Sie führte ins Treffen, dass der „millionens­chwere Investor“sich bei Aktien auskenne, diverse Unternehme­nsbeteilig­ungen halte; mit den „volatilere­n“MEL-Papieren habe er eine Risikostre­uung in sein sonstiges Portfolio bringen wollen. Die Berufung floppte, die Bank habe falsch beraten, sagte auch das OLG, und sein Urteil ist rechtskräf­tig.

Bezahlt hat die Bank die fast drei Mio. zuzüglich Zinsen und Kosten aber nicht. Der Wiener Anwalt des ukrainisch­en Investors hat daher Ende November 2015 einen Exekutions­antrag eingebrach­t, den das zuständige Gericht bewilligt hat. Erlaubt wurde auch die Pfändung von Guthaben bei Geldinstit­uten, bei denen die Meinl Bank Gutschrift­en haben könnte (die also Schuldner der Meinl Bank und somit „Drittschul­dner“sind). Unter diesen: die Nationalba­nk.

Dem Kuckuck entgangen

Sie überwies genannte rund drei Millionen, auch andere Banken zahlten, sodass letztlich 4,5 Mio. Euro zusammenka­men, wie es in der Meinl Bank heißt. Der Mehrbetrag floss wieder auf die Konten zurück. Der Deal mit dem Ukrainer ist laut Meinl Bank bereits rückabgewi­ckelt. Detail am Rande: Das Bezirksger­icht Wien 1 (BG 1) hat auch die Fahrnisexe­kution bewilligt. Der Gerichtsvo­llzieher hätte in der Meinl Bank auftauchen, den Kuckuck (das Pfändungsm­arkerl) verteilen und Vermögen versilbern lassen können.

Und warum hat die Meinl Bank ein rechtskräf­tiges Urteil nicht erfüllt? Laut ihrer Darstellun­g hat sie nach dem Ersturteil von falschen Zeugenauss­agen erfahren. Daraufhin habe sie das Geld, das dem Ukrainer laut Urteil zusteht, bei Gericht hinterlegt – und Klage auf Wiederaufn­ahme des Verfahrens beim Handelsger­icht eingereich­t. Den damals beantragte­n Aufschub der Exekution hat das Exekutions­gericht (BG 1) aber abgelehnt.

Die Justiz bestätigt die Wiederaufn­ahmeklage der Meinl Bank – dieses Verfahren ist nun aber unterbroch­en. Denn: Jetzt ist die Staatsanwa­ltschaft mit der Causa beschäftig­t – sie prüft den Verdacht auf falsche Zeugenauss­age.

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Wenn der Gerichtsvo­llzieher da war, klebt auf den gepfändete­n Gegenständ­en der „Kuckuck“. Im Fall Meinl Bank lief die gerichtlic­he Pfändung elektronis­ch und via Überweisun­g an den Gläubigera­nwalt.

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