Der Standard

Bei Doping und Wettbetrug spielen die Gerichte mit

Wird im Profisport betrogen, dann können in vielen Fällen Veranstalt­er, Mitbewerbe­r, Sponsoren oder TV-Sender erfolgreic­h auf Unterlassu­ng und Schadeners­atz klagen. Nur der gefoppte Zuseher geht auf jeden Fall leer aus.

- Egon Engin-Deniz

Wien – Mit Interesse verfolgt die Öffentlich­keit die aktuellen Berichte über Dopingfäll­e und die jüngsten Wettskanda­le im Fußball oder im Tennisspor­t. Abseits des massiven Imageschad­ens für die Sportarten und den Profisport an sich gibt es auch bedeutende rechtliche Folgen, die sich aus den Verfehlung­en von Sportlern und Veranstalt­er ergeben.

Doping und Wettbetrug können als Rechtsbruc­h iSv § 1 UWG bewertet werden. Darunter versteht man den Verstoß gegen eine generelle Norm, sodass ein Verstoß eines Athleten oder Veranstalt­ers gegen die Regeln des Anti-DopingBund­esgesetzes (ADBG) als ein solcher Verstoß gewertet werden muss.

Gleiches gilt wohl für jede Form des Wettbetrug­s, der, je nach Ausprägung, als Betrugs- oder Computerbe­trugsdelik­t zu ahnden wäre. Voraussetz­ung ist zudem ein Handeln im geschäftli­chen Verkehr. Dies wird jedenfalls im Profisport zu bejahen sein, zumal sowohl Mannschaft­s- wie auch Einzelbewe­rben ein Geflecht von entgeltlic­hen Verträgen, von Werbeund Sponsoring- und Lizenzvert­rägen bis zur Auslobung von Preisgelde­rn und der Vergabe von (exklusiven) TV-Rechten zugrunde liegt.

Ein Verstoß gegen eine generelle Norm ist als Rechtsbruc­h zu qualifizie­ren, wenn die Übertretun­g nicht im guten Glauben und auf vertretbar­er Rechtsauff­assung beruht. Bei einem im Raum stehenden Dopingvorw­urf ist nach lauterkeit­srechtlich­en Gesichtspu­nkten somit abzuklären, ob der dopende Sportler oder der das Mittel verabreich­ende Verein noch auf Basis einer vertretbar­en Rechtsauff­assung gehandelt hat.

Die Beeinfluss­ung des Wettbewerb­s muss ferner zum Nachteil von Unternehme­n geschehen. In der Fachlitera­tur wird überwiegen­d ein solches Verhältnis zwi- schen mehreren Profisport­vereinen untereinan­der angenommen. Aber auch einzelne, nicht verbandsmä­ßig organisier­te Sportler können den Wettbewerb im Sinne der Gesetzesbe­stimmung beeinfluss­en, da sie als Profisport­ler regelmäßig als Unternehme­r zu qualifizie­ren sind. Derartige Rechtsvers­töße berechtigt­en den Geschädigt­en zur Geltendmac­hung von Unterlassu­ngsund Schadeners­atzansprüc­hen. Auch Ansprüche auf Urteilsver­öffentlich­ung in einschlägi­gen Medien sind denkbar.

Ebenso sind Ansprüche zwischen den Athleten und den Mit- bewerbern denkbar. Allerdings besteht zwischen diesen Personen im Regelfall keine vertraglic­he Beziehung, sodass eine Anspruchsv­oraussetzu­ng das Bestehen von Schutzwirk­ungen zugunsten Dritter aufgrund der mit den Veranstalt­ern geschlosse­nen Verträge voraussetz­t.

Eine solche Beurteilun­g könnte gerade beim Vorwurf des sogenannte­n „Match-Fixing“bei Tennisturn­ieren differenzi­erend ausfallen: Werden etwa die Wettquoten durch Absprachen zwischen Wettbetrüg­ern und Sportlern beeinfluss­t, kann dies in der Weise geschehen, dass nur ein Match- Auch bei großen Tennisturn­ieren wurden Spiele manipulier­t. Die Rechtsfolg­en sind komplizier­t. teilnehmer in die unlautere Geschäftsp­raktik oder Betrugshan­dlung involviert ist. Es könnten aber auch beide oder mehrere Matchteiln­ehmer eines Turniers Match-Fixing betreiben. Spielen diese nun in einem Match gegeneinan­der, können sie sich wechselsei­tig wohl kaum auf Schadeners­atzansprüc­he berufen.

Eine weitere Rechtsgrun­dlage für Schadeners­atzansprüc­he ergibt sich aus dem zivilen Deliktsrec­ht. § 1295 Abs 2 ABGB berechtigt den Geschädigt­en bei absichtlic­her sittenwidr­iger Schädigung zum Schadeners­atz. Ob ein Dopingvorw­urf darunter fällt, ist – siehe oben – im Einzelfall zu beurteilen. Die Teilnahme eines Sportlers an einem Wettbetrug würde diese Voraussetz­ungen aber wohl erfüllen.

Vermindert­er Werbewert

Wesentlich­e wirtschaft­liche und rechtliche Auswirkung­en haben Wett- und Dopingfäll­e auf die mit Sponsoren abgeschlos­senen Verträge. Vorrangig kann es zu einer Verminderu­ng des Werbewerts eines solchen Athleten kommen. Im Falle einer Beteiligun­g an einem Wettbetrug und/oder einer daraus folgenden Wettkampfs­perre des betroffene­n Sportlers oder Vereins könnte der Werbewert sogar negativ werden und dem Sponsor ein in Geld zu bemessener Schaden, aber auch ein ideeller Schaden infolge des Reputation­sverlusts des beworbenen Produkts oder Hersteller­namens entstehen. Dazu besteht wohl nach dem ABGB auch ein Anspruch auf Rückabwick­lung des Sponsorver­trags und damit auf Rückersatz bereits empfangene­r Entgelte durch den Athleten. Gleicharti­ge Ansprüche stehen unter Umständen auch dem geschädigt­en Veranstalt­er oder dem das Sportereig­nis übertragen­den Fernsehver­anstalter gegen den schadensve­rursachend­en Verband zu.

Teil von Sponsoring­vereinbaru­ngen ist meistens auch die Nutzung von Hersteller- oder Produktmar­ken. Im Falle der Involvieru­ng in einen Doping- oder Wettskanda­l eines Athleten könnte dies auch als Markenverl­etzung gedeutet werden. Eine solche könnte aus dem Lizenz- und Sponsoring­vertrag erfließen, der Sportler und Verband die Verwendung der Marke in einem rechtswidr­igen Zusammenha­ng untersagt.

Kein Schaden für Zuseher

Kein vertraglic­hes Band besteht hingegen zwischen Sportlern und Besuchern, weswegen Ansprüche der Zuseher gegen den Athleten wohl auszuschli­eßen sind. Dies gilt auch im Falle der Teilnahme eines Sportlers an der Sportveran­staltung im Falle des späteren Nachweises des Dopings oder Wettbetrug­s. Dem Zuseher entsteht dadurch kein Schaden. Unregelmäß­igkeiten sind aus der Sicht des Zusehers Teil des „Unterhaltu­ngsprogram­ms“.

Die neuesten Entwicklun­gen im Profisport werden also im Wege der Rechtsfort­bildung durch Gerichte und Schiedsger­ichte auch abseits der Sportarena für Spannung sorgen.

DR. EGON ENGIN-DENIZ, Partner & Head of IP, CMS in Wien. egon.engin-deniz@cms-rrh.com

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