Dimensionen der Gewalt
Animationsfilme von Paul Wenninger und Susan Young
Wien – Ein Trauma ist eine Verletzung. Es gibt psychische und physische, individuelle und kollektive Traumata. Innerhalb dieses Spektrums bewegen sich die Arbeiten der britischen Filmkünstlerin Susan Young und des österreichischen Choreografen Paul Wenninger. In der Wiener Vereinigung für unabhängige Künstlerinnen und Künstler Im_flieger zeigten die beiden am Wochenende die Verbindungslinien zwischen ihren Werken.
An Youngs OEuvre lässt sich ablesen, wie radikal sich die Arbeit einer Künstlerin nach einem persönlichen Trauma verändern kann. Vor einem brutalen Einschnitt in ihrem Leben waren ihre Animationsfilme spritzige und musikalische Tänze aus bewegter Grafik. Susan Young machte Karriere, schuf Musikvideos und Werbeclips. Dann der Abgrund, der Verlust der Motivation, weiterhin künstlerisch zu arbeiten – und nach vielen Jahren ein Neubeginn mit Experimentalfilmen in völlig veränderter Ästhetik.
Bei It Started With A Murder (2013) und The Betrayal (2015) fällt der animierte Strich weg. Einmal werden Lichtblitze, aus schriftlichen Protokollen herausvergrößerte Wörter und blutige Hautritzungen zum stroboskopischen Stakkato des Schreckens: It Started With A Murder ist die Verarbeitung eines Mordversuchs, eines extremen Falls häuslicher Gewalt als Stummfilm. Für The Betrayal hat Young ihre neue Technik weiterentwickelt und mit einer düsteren Tonspur unterlegt. Thema ist hier der Missbrauch des Vertrauensverhältnisses schen Arzt und Patientin.
Paul Wenningers Animationsfilme Trespass (2012) und Uncanny Valley (2015) widerspiegeln im Grunde ebenfalls persönliche Erfahrungen. In Trespass ist der Schock über ein allgegenwärtiges Bilderregime verarbeitet, das den menschlichen Körper durch seine Maschinen jagt und dabei ausbluten lässt. Und Uncanny Valley macht, mit Bezug auf das bis heute nicht bewältigte, kollektive Trauma des Ersten Weltkriegs, die institutionalisierte Vernichtung von Menschenleben deutlich.
Youngs Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie über einen persönlichen Zugang auf gesellschaftliche Gewaltphänomene zielen. Sie wären auch ohne die Kommunikation ihres autobiografischen Kontexts überaus relevante Arbeiten. Und Wenningers komplexe Einzelbild-Choreografien magern das Pathos unserer Bildermaschinen bis zur Kenntlichkeit ihrer Monstrosität ab.
zwi-