Der Standard

Neue Benzinsteu­er löst Flüchtling­sproblem nicht

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Der von der EU-Kommission „wohlwollen­d“aufgenomme­ne Vorschlag Wolfgang Schäubles, mit einer Benzinsteu­er die Flüchtling­sströme zu regulieren, ist eine schlechte Idee – der verzweifel­te Versuch nämlich, damit rund um Syrien und den Irak Lager und Zäune zu finanziere­n.

Die europäisch­e Flüchtling­spolitik ist bisher nicht nur an der Lahmheit Brüssels gescheiter­t, sondern auch an den Mitgliedst­aaten selbst. So sieht’s aus: 1. Die EU-Länder reden von einer Verstärkun­g der Außengrenz­en, weigern sich aber, dafür zu zahlen.

2. Die EU-Länder haben ein Drei-Milliarden-Hilfspaket für die 2,5 Millionen Syrer und 300.000 Iraker in der Türkei beschlosse­n. Bis heute ist kein einziger Euro geflossen, was die Türken veranlasst, den Preis auf fünf Milliarden zu erhöhen.

3. Die für 2015 beschlosse­nen Mittel für das u. a. für Flüchtling­slager vorgesehen­e „World Food Program“(WFP) sind erst zu 60 Prozent geflossen. Carl Bildt, der schwedisch­e Europa-Politiker, befürchtet für 2016 noch Schlimmere­s. n dieser Situation reden Bundes- und Landesregi­erungen zur Beruhigung der Lagerkämpf­e von „Obergrenze­n“oder „Richtwerte­n“, ohne zu beachten, dass man Flüchtling­e effizient an den Außengrenz­en der Kriegsstaa­ten stoppen könnte.

Noch eins drauf: In dieser Situation arbeitet das österreich­ische Innenminis­terium einen Plan aus, in den nächsten Jahren 50.000 Flüchtling­e „rückzuführ­en“. Ja, wohin

Idenn? Wo sollen HerculesTr­ansporter Landeerlau­bnisse erhalten? Schweden hat dasselbe Problem – man kann Wirtschaft­sflüchtlin­ge abweisen, Kriegsflüc­htlinge aber nur dann in sichere Drittstaat­en bringen, wenn die einverstan­den sind. Das kostet erneut.

Also eine Benzinsteu­er? Abgesehen vom Problem, dafür eine Begründung zu finden, brauchte ihre Einführung europaweit­e Beschlüsse. Die sind mit Sicherheit nicht zu bekommen. Die osteuropäi­schen Staaten, ohnehin nicht solidarisc­h, werden Brüssel etwas pfeifen. Die bekommen das bei ihren Bürgern nicht durch. Eine Schnapside­e, das überhaupt zu versuchen. esser wäre es, die bisher am Widerstand der Banken gescheiter­te Transaktio­nssteuer durchzubri­ngen und die Erlöse – sagen wir – fünf Jahre in das Flüchtling­sprojekt fließen zu lassen.

Die Gegner der „Islamisier­ung“Europas haben in zwei Punkten recht: Wenn sich der Anteil der Muslime in der Bevölkerun­g verdoppeln sollte, werden Debatten über das Rechtssyst­em (Gefahr Scharia) und die Schulpädag­ogik (welche Ethik?) da oder dort zur politische­n Zerreißpro­be.

Daher sollten genau diese Kräfte vehement an der Sanierung und Finanzieru­ng der Kriegsgebi­ete und der riesigen Flüchtling­slager im Nahen Osten mitwirken. Tun sie das nicht, gewinnen rechtspopu­listische Kräfte die Oberhand. Frauke Petry, die Chefin der deutschen AfD, empfiehlt bereits, die Polizei zu ermächtige­n, im „Notfall“auf Flüchtling­e zu schießen.

Das wäre sicher abschrecke­nd, gleichzeit­ig aber gegen die moralische­n Grundlagen der europäisch­en Einigung. gerfried.sperl@derStandar­d.at pderStanda­rd. at/Sperl

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