Der Standard

Spanien: Sozialiste­n sind bereit, eine Regierung zu bilden

Parteichef Sánchez will mit Podemos und Rechtslibe­ralen sprechen, „falls Premier Rajoy verzichtet“

- Reiner Wandler aus Madrid

Der Generalsek­retär der spanischen Sozialiste­n, Pedro Sánchez, ist „bereit zu versuchen eine Regierung zu bilden, falls Premier Rajoy verzichtet“. Dies erklärte der Spitzenkan­didat der PSOE gestern, Dienstag, zur Mittagszei­t, nach seiner königliche­n Audienz. Am Nachmittag beendete der Monarch und Staatschef Felipe VI. seine zweite Gesprächsr­unde mit den Führern der im Parlament vertretene­n Parteien mit einem Treffen mit dem noch amtierende­n Mariano Rajoy.

Dieser wollte dem König – wie auch vor zehn Tagen – mitteilen, dass er keine Möglichkei­t sehe, eine Regierung zu bilden. Zwar hat Rajoys Volksparte­i (PP) die Wahlen am vergangene­n 20. Dezember gewonnen, doch verfehlte er die absolute Mehrheit deutlich. Die Wähler hatten Rajoy für seine Sparpoliti­k abgestraft. Erstmals zogen die junge Anti-Austerität­spartei Podemos und die rechtslibe­ralen Ciudadanos in die Volksvertr­etung ein. Das Parlament ist dadurch so aufgespalt­en, dass eine Regierungs­bildung alles andere als leicht ist. Felipe VI. hat deshalb nur die Möglichkei­t, Sánchez zu beauftrage­n oder eine Reflektion­sphase mit einer weiteren Gesprächsr­unde auszurufen.

Der Sozialist Sánchez will in zwei Richtungen verhandeln. Zum einen hat er das Angebot von PodemosChe­f Pablo Iglesias, eine „fortschrit­tliche Regierung des Wandels“zu bilden. Zum anderen streckt er seine Fühler Richtung Ciudadanos aus.

Beide Seiten haben Forderunge­n: Die drittplatz­ierte Podemos will ein umfangreic­hes Sozialprog­ramm. Iglesias besteht außerdem auf ein gemischtes Kabinett, proportion­al zum Wahlergebn­is. Für sich selbst fordert er den Posten des Vizepremie­rs. Sánchez scheint von diesem Angebot nicht begeistert zu sein. Er hat zehn Tage verstreich­en lassen, ohne auf Podemos zuzugehen.

Suche nach Unterstütz­ung

Eine Koalition mit Podemos bräuchte außerdem die Unterstütz­ung durch nationalis­tische Parteien aus Katalonien und dem Baskenland, um eine Mehrheit im Parlament zu erzielen. Einige der einflussre­ichsten Regionalfü­rsten der PSOE sprachen sich am vergangene­n Wochenende strikt gegen diese Variante aus.

Deshalb will Sánchez auch mit Ciudadanos ins Gespräch kommen. Sollte er sich mit den Rechtslibe­ralen einigen, hätte er allerdings ein Problem. Iglesias kündigte an, dass seine Podemos dagegen stimmen werde. Umgekehrt kündigte auch Ciudadanos an, gegen jedwede Koalition, in der Podemos vertreten ist, zu stimmen.

Nur wenn sich im zweiten Wahlgang Rajoys PP enthalten würde, könnte Sanchez mit einer PSOE-Ciudadanos-Koalition die Regierung stellen. Diese stillschwe­igende Gro- ße Koalition wird derzeit von einigen wichtigen Medien und auch von einflussre­ichen Vertretern aus der Wirtschaft unterstütz­t.

Zu erneuten Wahlen kommt es erst dann, wenn eine Abstimmung im Parlament über eine Regierung stattgefun­den hat und scheitert. Dann haben die Abgeordnet­en zwei Monate, um eine Lösung zu finden. Der PP könnte in dieser Phase der Entscheidu­ngsfindung versuchen, selbst eine Art Große Koalition anzuführen – wenn auch ohne Rajoy als Regierungs­chef. Wenn alle Versuche fehlschlag­en, würde zwei Monate später erneut gewählt.

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Foto: Reuters/Diaz König Felipe VI. steht vor schwerer Regierungs­bildung.
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