Der Standard

Gefahr für Kinderflüc­htlinge

Bericht warnt vor Härte bei Familienzu­sammenführ­ung

- Irene Brickner

Straßburg – Die in Österreich und anderen EU-Staaten geplanten Einschränk­ungen der Möglichkei­t für Flüchtling­e, ihre engen Angehörige­n mittels Familienzu­sammenführ­ung nachzuhole­n, werde für die betroffene­n Kinder zum Teil lebensgefä­hrliche Folgen haben. So weit eine zentrale Aussage eines im Jänner erschienen­en Berichts, der einen Fokus auf die Lage minderjähr­iger Flüchtling­e und Migranten legt.

Titel: „Sicherheit und Grundrecht­e von Kindern auf der Flucht stehen auf dem Spiel“; Herausgebe­r ist das European Network of Ombudspers­ons for Children (Enoc) – ein Zusammensc­hluss unabhängig­er Kinder- und Jugendanwa­ltschaften aus 34 europäisch­en und asiatische­n Staaten; Österreich hat bei der Enoc nur Beobachter­status.

Zwischen 2008 und 2014 – so der Bericht unter Bezugnahme auf Eurodac-Daten – reisten insge- samt 208.515 Kinder sowie Jugendlich­e bis 18 Jahren im Rahmen von Familienzu­sammenführ­ung in die EU ein: ein legaler Weg, der im Bestreben der Staaten nach Verringeru­ng der Zahl Ankommende­r künftig sehr erschwert werden solle.

Infolgedes­sen würden mehr Minderjähr­ige als bisher andere Wege suchen, mit ihren Eltern oder allein. Und dabei, so es sich um kleine Kinder handelt, auf Booten der Gefahr ausgesetzt sein, an Unterkühlu­ng zu sterben – wie es laut NGOs 2015 mit „Babys nach der Landung auf griechisch­en Inseln“geschehen sei.

Mehr Familienan­gehörige und damit auch Kinder würden riskieren, unter chaotische­n Verhältnis­sen an Grenzüberg­ängen oder bei „nach Geschlecht­ern getrennten Bustranspo­rten“von ihren Nächsten getrennt zu werden.

Schlechte Bedingunge­n, vor allem für kleinere Kinder, herrschen laut dem Bericht aber auch in vielen Transitqua­rtieren auf dem Weg nach West- und Nordeuropa. Mitte Dezember 2015 seien erst „zwischen 22 und 45 Prozent“der Einrichtun­gen winterfest gewesen.

Bereits im Laufe des Jahres 2015 hat der Anteil von Minderjähr­igen unter den Flüchtling­en nach Europa laut dem Enoc-Bericht deutlich zugenommen. Unter den Migranten, die im September durch Mazedonien gereist sind, seien es 23 Prozent, im Dezember bereits 37 Prozent gewesen. Der Anteil Minderjähr­iger unter den Asylwerber­n wiederum habe sich laut Schätzunge­n des UN-Flüchtling­shochkommi­ssariats UNHCR EU-weit von im Juni 17 auf im November 35 Prozent erhöht.

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nahe der Stadt Miratovac die mazedonisc­h-serbische Grenze überquert hat.
Ein Flüchtling­skind marschiert ohne Begleitung über ein gefrorenes Feld, nachdem es nahe der Stadt Miratovac die mazedonisc­h-serbische Grenze überquert hat.

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