„Es muss darum gehen, die Löhne zu erhöhen“
Es werde zu viel über die Mindestsicherung und zu wenig über niedrige Löhne gesprochen, findet die grüne Vorarlberger Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker.
INTERVIEW: Standard: Was läuft in der Diskussion um die Mindestsicherung falsch? Wiesflecker: Man redet vor allem über die Höhe der Mindestsicherung und viel zu wenig über die niedrigen Löhne. Es kann doch nicht darum gehen, die Mindestsicherung zu kürzen, es muss darum gehen, die Löhne zu erhöhen. Der Reallohn stagniert seit Jahren. Sozialleistungen sind mittlerweile Lohnergänzungsleistungen.
Standard: Verschärfen Flüchtlinge die Situation? Wiesflecker: Es ist nicht abzustreiten, dass wir durch die große Zahl von Flüchtlingen Druck auf die Mindestsicherung bekommen. Das muss man wahrnehmen. Wir sind alle miteinander aufgefordert, darüber nachzudenken, wie wir das gut bewältigen können.
Standard: Eine Idee der ÖVP ist die Deckelung der Mindestsicherung auf 1500 Euro. Steckt hinter dem Betrag eine realistische Berechnung? Wiesflecker: Das bezweifle ich. Mit einer Deckelung von Wohnbedarf und Lebensunterhalt würde man vor allem Familien treffen. Bei uns in Vorarlberg schaut man, dass durch die Mindestsicherung zuerst einmal die Wohnungskosten gedeckt werden. Wir decken den Wohnbedarf nach Aufwand und Marktpreis. In Vorarlberg bekommt kein Mensch um 200 Euro eine Wohnung.
Standard: Hält man damit nicht die hohen Mietpreise stabil? Wiesflecker: Ja, das ist so. Wir stützen über die Mindestsicherung den teuren Wohnungsmarkt. Deshalb wäre mein Vorschlag, für Konventionsflüchtlinge, die aus der Grundversorgung kommen und alleinstehend sind, Wohngemeinschaften anzubieten. Das würde die Kosten reduzieren.
KATHARINA WIESFLECKER (51), Grüne, ist seit 2014 Landesrätin für Soziales und Frauen in Vorarlberg. pWiesflecker über Wohnraum für
Flüchtlinge derStandard.at/Inland