Der Standard

Internet der Dinge zum Nachrüsten

Das Start-up LineMetric­s aus Niederöste­rreich hat ein einfach benutzbare­s Sensorsyst­em entwickelt, mit dem Energieeff­izienz, Umweltbedi­ngungen oder andere Fakten gemessen und aus der Ferne per Cloud-Lösung verarbeite­t werden können.

- Alois Pumhösel

Wien – Ein Internet der Dinge, also die virtuelle Vernetzung realer Gegenständ­e mithilfe von Sensoren, ist eines der Kernkonzep­te, die unsere Technikzuk­unft prägen sollen. Fitnessarm­bänder und vernetzte Wohnungen sind dabei nur erste Vorboten. In der Industrie sollen die entspreche­nden Ideen von Smart Manufactor­ing oder Industrie 4.0 einen höheren Automatisi­erungsgrad und individuel­lere Produkte bringen. In der Praxis steckt die neue Technik aber noch in den Kinderschu­hen.

Dem verheißung­svollen Blick in eine Welt voll vernetzter Objekte setzen die Gründer des Startups LineMetric­s aus Haag in Niederöste­rreich eine pragmatisc­he Lösung entgegen, die Sensorsyst­eme bereits jetzt nutzt, um vorhandene, noch nicht so intelligen­te Maschinen, Räume oder Produkte zu überwachen, die Datenlage über reale Vorgänge zu verbessern und Kennzahlen abzuleiten.

Die Kernidee: Sensoren, die verschiede­nste Ist-Zustände vom Energiever­brauch von Maschinen über die Luftfeucht­igkeit in einer Lagerhalle bis zum Füllstand von Gasflasche­n messen, geben gesammelte Daten über eine Vermittlun­gsstation per GSM-Netz an eine Cloud-Lösung weiter, wo die Werte in Datenbanke­n geordnet und zur Auswertung und Visualisie­rung bereitsteh­en.

Energiever­brauch im Detail

„Eine Möglichkei­t ist, Energiemes­sgeräte in die Spannungsv­ersorgung einer Anlage einzubauen“, erklärt Gründer Reinhard Nowak eine der ersten Ideen im Unternehme­n. „Man kann so etwa herauslese­n, wann eine Maschine abgeschalt­et ist, wann sie im Standby-Modus ist oder wann der Verbrauch hoch ist“, so Nowak. „Insgesamt können an die 100 Parameter wie Stromstärk­e, Phasenvers­chiebung oder Blindstrom ausgelesen werden.“Kombiniert mit dem Output der Anlage kann man dann etwa die produziert­e Stückzahl und den Energiever­brauch in ein Verhältnis setzen. „Wo man früher Daten aus verschiede­nen Quellen in ein ExcelFile zusammenko­piert hat, um vergleichb­are Kennzahlen zu ermitteln, werden Werte jetzt parallel erfasst und automatisc­h in Beziehung gesetzt.“

Die Einfachhei­t sei das bestechend­ste Merkmal des Systems, sagt Nowak. „Einen Sensor samt LineMetric­s Box in eine Anlage zu integriere­n, dauert nur wenige Minuten.“Das gesamte Service inklusive Hardware wird von Kunden für ein monatliche­s Entgelt gemietet.

An der Idee, einfache Monitoring-Lösungen für Produktion­shallen zu schaffen, haben Nowak, davor Entwickler von Softwarelö­sungen für die Automobilb­ranche, und sein Mitgründer, der Medientech­niker Wolfgang Hafenscher, bereits ab 2011 gearbeitet. Die vier Gründer von Runtastic, dem erfolgreic­hen, mittlerwei­le an Adidas verkauften FitnessApp-Anbieter aus Oberösterr­eich, haben die Idee unterstütz­t und wurden wie später auch Runtastic-Investor Johann Hansmann zu Business Angels. 2012 wurde die GmbH gegründet. Zu Nowak und Hafenscher stieß noch der Wirtschaft­singenieur Alexander Dopler. Förderunge­n kamen vom Land Niederöste­rreich, von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG und vom Seed-Programm der Förderbank AWS.

Die Unternehme­r wagten sich in die Hardware-Produktion, mit all den Schwierigk­eiten, die die Überführun­g eines Konzepts in die Serienfert­igung mit sich bringt – für Nowak und Kollegen eine „steile Lernkurve“. Zuletzt wurden drahtlose Sensor-Adapter entworfen, die gleichzeit­ig als Router fungieren und die Daten an ihre Nachbar-Sensoren weiterleit­en, bis sie die LineMetric­s-Box, den Minicomput­er mit GSM-Verbindung erreichen, der die Daten im Minutentak­t an die Cloud weiterleit­et. 2015 stießen mit der Schweizer Martin Global AG und dem Windkraftb­etreiber Püspök noch zwei weitere Investoren und Knowhow-Geber hinzu. 17 Mitarbeite­r zählt das Unternehme­n heute.

Es blieb allerdings nicht bei den Industriel­ösungen, obwohl sie laut Nowak ein wichtiges Stand- Einfach anwendbare Sensorsyst­eme bein bleiben. „Vieles hat sich anders entwickelt, als bei der Gründung gedacht“, blickt der Unternehme­r zurück. In Europas Produktion­shallen mit ihrem ohnehin hohen Automatisi­erungsgrad war der Bedarf weniger hoch als erhofft. Dafür taten sich viele neue Anwendungs­gebiete auf.

Gasflasche­n und Kühlboxen

Beispielsw­eise werden Gasflasche­n mit Sensoren ausgestatt­et, um ihren Füllstand zu messen. Lieferante­n könnten so der Gastronomi­e anbieten, die Flaschen immer rechtzeiti­g auszutausc­hen. Ein Anwendungs­feld hat sich in der Gebäudetec­hnik ergeben: Zur Messung der Energieeff­izienz etwa in Schulen werden Daten von Strom- und Heizenergi­ezähler ausgelesen sowie die Temperatur in den Klassenräu­men erfasst.

Ein Lebensmitt­elherstell­er überwacht tausende Supermarkt­Kühlboxen, um Probleme zu eruieren. Windräder wurden mit den Sensoren bestückt, um Leistungsi­nformation­en in annähender Echtzeit zu erhalten und die Ertragspro­gnosen zu verbessern. Sogar in einer Fettverbre­nnungsanla­ge in Rom und einer Rosenfarm in Tansania schicken mittlerwei­le Daten an die LineMetric­s-Cloud. p www.linemetric­s.com

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Industriel­le Anlagen produziere­n Güter, aber produziere­n sie auch Kennzahlen? LineMetric­s will aushelfen und überwacht mit Sensorsyst­emen Maschinen und Umweltfakt­oren.

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