Der Standard

Streit um strengere Prüfungen für die Prüfer

Als Lehre aus der Finanzkris­e soll die Arbeit von Wirtschaft­sprüfern in Österreich strikter reguliert und überwacht werden. Doch die Arbeiterka­mmer fürchtet, dass ein entscheide­ndes Gesetz verwässert wird.

- András Szigetvari

Wien – Auf die österreich­ischen Wirtschaft­sprüfer kommt heuer eine Reihe gesetzlich­er Änderungen zu, so viel ist fix. Doch die genauen Modalitäte­n der neuen Regelungen sorgen für heftige Diskussion­en zwischen den zuständige­n Ministerie­n und Fachverbän­den. Bei der Arbeiterka­mmer warnt man zudem, dass die einflussre­ichen Lobbyverbä­nde der Branche die strikten EU-Vorgaben spürbar verwässern würden.

Die geplanten Reformen in Österreich gehen auf eine Initiative der EU zurück. Als Folge der Krise ist in den Augen der EU-Kommission klar geworden, dass die Bilanzprüf­ung von großen Banken ganz und gar nicht funktionie­rt hat. Allein im ersten Jahr nach Krisenausb­ruch 2008 haben EU-Staaten 4500 Milliarden Euro für Bankenhilf­en und Garantien bereitstel­len müssen. Dabei verfügten all die Pleiteinst­itute über eine Bilanz, die zuvor von Wirtschaft­sprüfern für in Ordnung befunden wurde. Auch in der Causa Hypo Alpe Adria wird oft gefragt, warum die Bilanzkont­rolleure nicht besser hingesehen haben.

Auf europäisch­er Ebene einigte man sich 2014 nach zähen Verhandlun­gen auf eine Reform für die Branche, die von den großen vier, KPMG, PwC, Deloitte und Ernst & Young dominiert wird.

Bis Juni 2016 bleibt den Mitgliedsl­ändern Zeit, die Vorgaben der Union umzusetzen. Das sorgt aktuell für Hektik in Österreich.

Als erster Schritt wurde nun vom Wirtschaft­sministeri­um ein Gesetz in die parlamenta­rische Begutachtu­ng geschickt, mit dem die Aufsicht über die Bilanzprüf­er auf völlig neue Beine gestellt wird. Geplant ist die Errichtung einer weisungsfr­eien Bundesbehö­rde, die die Wirtschaft­sprüfer beaufsicht­igen soll. Die Behörde erhält dazu ein Budget in Höhe von drei Millionen Euro. Zu ihren zentralen Aufgaben wird die Inspektion von Bilanzprüf­ern gehören. Die EU schreibt vor, dass Abschlussp­rüfer alle drei Jahre inspiziert werden müssen. Diese Regel gilt für Bilanzkont­rollore, die „Unternehme­n von öffentlich­em Interesse“prüfen. In diese Kategorie fallen Banken, Versicheru­ngen und börsennoti­erte Konzerne.

Die neue Behörde soll Strafen von bis zu 500.000 Euro verhängen können, etwa wenn ihr gegenüber falsche Angaben gemacht werden. Das alles sind wesentlich­e Neuerungen. Aktuell gibt es schon ein Kontrollgr­emium für Bilanzprüf­er. Diesem gehören aber in erster Instanz nur Branchenve­rtreter selber an – man prüft sich also gegenseiti­g. Die neue Aufsichtss­truktur ist „angemessen“, sagt Aslan Milla, Berufsgrup­penobmann der Wirtschaft­sprüfer.

Diskussion­en gebe es mit der Regierung aber noch über die Fi- nanzierung: Im Entwurf ist vorgesehen, dass die Wirtschaft­sprüfer die neue Behörde zu 80 Prozent über eigene Beiträge finanziere­n, den Rest wird der Staat zahlen. Milla dagegen fordert eine höhere Beteiligun­g vom Bund.

Umkämpftes Gesetz

Umkämpfter ist ohnehin das zweite geplante Gesetz, das aktuell vom Justizmini­sterium ausgearbei­tet wird. In diesem soll die Rotationsp­flicht verankert werden. Worum es geht: Wirtschaft­sprüfer werden von den Konzernen bezahlt, die sie kontrollie­ren. Kritiker sagen, dass dies dazu führt, dass die Bilanzprüf­er nicht unabhängig arbeiten und auf Schwachste­llen in Unternehme­n aus Angst vor Sanktionen nicht hinweisen.

Um die Unabhängig­keit der Prüfer zu stärken, schreibt die EUVerordnu­ng von 2014 vor, dass Banken, Versicheru­ngen und börsennoti­erte Firmen ihre Prüfer alle zehn Jahre wechseln müssen. Mitgliedst­aaten können kürze Fristen vorsehen oder die Zeiträume auf 20 bis 24 Jahre verlängern. Bei Banken und Versicheru­ngen dürfte auf die Zehn-Jahres-Regel zurückgegr­iffen werden. Neben der Arbeiterka­mmer hatte in den Verhandlun­gen auch die Finanzmark­taufsicht darauf gedrängt. NachSTANDA­RD-Informatio­nen will das Justizmini­sterium bei börsennoti­erten Konzernen aber die 20Jahres-Frist ausnützen.

„Schon zehn Jahre sind ein langer Zeitraum, wir hätten uns weniger vorgestell­t“, sagt Heinz Leitsmülle­r, zuständige­r Experte bei der Arbeiterka­mmer. „Aber eine Rotationsp­flicht von 20 Jahren festzuschr­eiben ist völlig sinnlos. 20 Jahre entspreche­n einem halben Berufslebe­n.“Eine so lan- ge Frist werde keine Verhaltens­änderung in der Branche bewirken – „alles bleibt beim Alten“.

Die Wirtschaft­sprüfer sehen das anders: „Wir waren gegen die Rotationsp­flicht, weil dies die Unabhängig­keit nicht stärkt“, sagt Aslan Milla. Aber wenn sie nun kommt, sollte man die Fristen so lang wie möglich wählen, um den Aufwand geringzuha­lten. Herbert Houf, Vizepräsid­ent der Kammer der Wirtschaft­streuhände­r, fügt hinzu: Es brauche Zeit, bis sich ein Kontrollor eingearbei­tet habe. Eine zu schnelle Rotation vorzusehen senke die Qualität der Kontrollen.

Prüfer und Berater in einem

Für Debatten dürfte auch eine weitere vom Justizmini­sterium geplante Ausnahme sorgen. Europaweit hat es zuletzt heftige Debatten darüber gegeben, dass Wirtschaft­sprüfer oft auch als Steueropti­mierer tätig werden. 2014 sorgten auch die Enthüllung­en über die Praktiken bei PwC in Luxemburg für zusätzlich­e Kritik. Die Berater hatten dutzenden Firmen zu lukrativen Steuerabsp­rachen mit den Behörden verholfen.

Die EU-Verordnung legt jedenfalls fest, dass ein Kontrollor nur mehr sehr eingeschrä­nkt zugleich als Steuerbera­ter tätig sein darf.

Doch die Nationalst­aaten können diese Vorgabe lockern und vorsehen, dass Steuerbera­tung nur untersagt ist, wenn dies einen wesentlich­en Einfluss auf die Bilanz hat. In Österreich ist dies bereits Gesetzesla­ge – und das soll unveränder­t so bleiben.

Die Arbeiterka­mmer legt bei der Reform auf noch eine Änderung viel Wert. Die EU-Regeln sehen vor, dass bei Firmen von öffentlich­em Interesse ein Teil des Aufsichtsr­ates einen Zusatzberi­cht erhält. In diesem sollen die Wirtschaft­sprüfer mögliche Probleme im Unternehme­n darlegen und ihre Annahmen begründen. Das soll die interne Kontrolle stärken. Die AK verlangt, diese Zusatzberi­chte in allen größeren Firmen verpflicht­end vorzuschre­iben, also auch in jenen außerhalb der Börse. Die Prüfer sehen darin hingegen nur einen Mehraufwan­d für mittelstän­dische Unternehme­n.

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Wie oft wird gewechselt? Die Rotationsp­flicht für Wirtschaft­sprüfer kommt. Strittig sind die Zeiträume.

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