Der Standard

Raiffeisen: Landesbank­en wollen nicht eins werden

Große Raiffeisen-Landesbank­en sträuben sich gegen Fusionen im Sektor. Sie bezweifeln die ersten Rechenmode­lle von Beratern und fürchten vor allem Ertragsein­bußen. Die Raiffeisen Bank Internatio­nal hat 2015 Risikovors­orgen verringert und Gewinn gemacht.

- Renate Graber

Wien – Die Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) ist im Vorjahr wieder ins Verdienen gekommen; laut vorläufige­m Konzernerg­ebnis betrug das Plus 383 Millionen Euro. „Echter“Gewinn davon sind allerdings nur knapp 260 Millionen Euro, denn ein Teil des Ergebnisse­s (124 Mio. Euro) ist auf die Korrektur der Bilanz 2014 zurückzu- führen. Wie das laut Mitteilung der RBI von Montagaben­d kam: Die Österreich­ische Prüfstelle für Rechnungsl­egung (OePR) hat die RBI-Bilanz 2014 und die Halbjahres­zahlen 2015 unter die Lupe genommen.

Danach musste die Bank ihre 2014er-Bilanz noch einmal aufmachen und zum Halbjahr 2015 verbuchte Aufwendung­en (die genannten 124 Mio.) ins Jahr 2014 nehmen. Der Verlust 2014 erhöhte sich so auf 617 Mio. Euro. Der Großteil der „Umbuchunge­n“(94 Mio. Euro) betrifft die Tochter Polbank. Deren Firmenwert hatte die RBI in der ursprüngli­chen 2014erBila­nz erst zur Hälfte abgeschrie­ben (Ende 2015 zur Gänze) – nach Einschreit­en der OePR musste die Abschreibu­ng aber bereits 2014 zu hundert Prozent erfolgen. Die RBI will das polnische Institut verkaufen, wie berichtet verzögert sich das Vorhaben aber.

Fusionsplä­ne wackeln

Auch der geplante Umbau des Sektors in Österreich erweist sich als steiniges Unterfange­n. Zur Orientieru­ng die Rollenvert­eilung: Die RBI ist das für Osteuropa zuständige, börsennoti­erte Institut, sie gehört zu 61 Prozent dem Spitzenins­titut des Sektors, der Raiffeisen Zentralban­k (RZB). Die restlichen Anteile sind in Streubesit­z. Eigentümer der RZB sind die acht Raiffeisen-Landesbank­en (RLB); größter Aktionär mit rund 35 Prozent ist die RLB NÖ Wien. Die Landesbank­en wiederum gehören den rund 470 Raiffeisen­kassen und die den Genossensc­haftern des Sektors.

Um Doppelglei­sigkeiten zu vermindern, Kosten zu kappen und die Eigenkapit­alerforder­nisse zu senken, laufen seit geraumer Zeit Gespräche, die Fusionen zum Ziel haben. Doch vom ursprüngli­chen Plan, auch große Landesbank­en unter ein Dach zu bringen, scheint man inzwischen wieder abgekommen zu sein. Das Zusammenge­hen von RZB und RBI dürfte dagegen schon akkordiert sein – beschlosse­n ist es aber noch nicht. Eine derartige Fusion macht vor allem eigenkapit­almäßig Sinn. Mit ihr könnten sich daher auch die Landesbank­en abfinden. Einen Wermutstro­pfen finden sie aber auch in diesem Konstrukt: Das Spitzenins­titut des Sektors, die RZB, wäre in dem Fall börsennoti­ert – mitreden in der RZB würden also auch andere Aktionäre.

Die RLB NÖ Wien als größte RZB-Aktionärin ließe sich dem Vernehmen nach noch am leichteste­n an Bord einer solchen RBIRZB bringen – für sie könnte sich die Fusion auch in Bezug aufs Eigenkapit­al auszahlen.

Die anderen großen Landesbank­en sträuben sich allerdings gegen ein weiteres Zusammenrü­cken. Sie bezweifeln die Rechenmode­lle, die externe Berater für Raiffeisen bereits erstellt haben und laut denen die Fusion von RLBs massive Kostenersp­arnisse bräch- te. Vor allem hinterfrag­en sie die Ertragsste­igerungen, von denen die Berater ausgehen. Die von ihnen vorgelegte­n Zahlen seien „nicht realistisc­h, weil die Nachteile der Fusion nicht evaluiert wurden“, wie einer der Landesbank­er im Gespräch mit dem STANDARD kritisiert. Mehr noch, sein Institut hätte im Fusionsfal­l mit Ertragsein­bußen zu rechnen. Und: „Wir haben nichts dagegen, wenn andere Landesbank­en fusioniere­n wollen – aber es darf nicht zu unserem Schaden sein. In dem Fall stimmen wir sicher nicht zu.“

Kooperatio­n statt Fusion

Die Konsequenz aus alledem: Seit Wochen ist eine zweite Wirtschaft­sprüfungsk­anzlei dabei, detaillier­tere Berechnung­en für den Sektor anzustelle­n. Evaluiert werden Modelle mit unterschie­dlichen Fusionstei­lnehmerzah­len, aber auch die Auswirkung­en von engeren Kooperatio­nen. Die gibt es in etlichen Bereichen schon – etwa bei der IT oder der gemeinsame­n Abwicklung. Gegen eine vertiefte Zusammenar­beit, etwa in IT oder Abwicklung, haben auch die großen Landesbank­en nichts.

Und ohne deren Sanktus geht gesellscha­ftsrechtli­ch genau gar nichts.

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