Der Standard

Streit über Agrarberei­ch

EU/USA: Neue TTIP-Verhandlun­gsrunde

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Wien – In den nächsten Monaten wird im Rahmen des Freihandel­sabkommens TTIP zwischen EU und den USA der Landwirtsc­haftsberei­ch behandelt. Dabei zeigt sich, dass es große Differenze­n beim Handel mit Agrargüter­n gibt. Die USA pochen auf Markenschu­tz und wollen die in der EU weitverbre­iteten „geografisc­hen Ursprungsb­ezeichnung­en“in den USA nicht gelten lassen. Tierschutz­anliegen sollen im Rahmen des Freihandel­sabkommens erst gar nicht verhandelt werden, so die US-Position. Definiert werden bis zum Sommer auch die „sensiblen Produkte“, die, weil sie unter Mengenkont­ingentieru­ng fallen, extra geschützt sind. Voraussich­tlich wird dies Weizen und Fleisch betreffen. Aber auch Biodiesel und Bioethanol sollen in diese Kategorie fallen. (red)

Wien – In den kommenden Wochen und Monaten sollen die Verhandlun­gen zum Freihandel­sabkommen TTIP (Transatlan­tische Handels- und Investitio­nspartners­chaft) in die Phase treten, wo über die Landwirtsc­haft verhandelt wird. Die Positionen dazu liegen teilweise weit auseinande­r, erläutert Landwirtsc­haftskamme­rpräsident Hermann Schultes. „Wir wollen, dass das Abkommen für uns sinnvoll ist“, sagt er. Die Bauernvert­reter wollen deshalb in den nächsten Monaten offensiv die Vor- und Nachteile, die sich im Verlauf der Verhandlun­gen ergeben, kommunizie­ren. „Nur so werden die Menschen das auch mittragen wollen.“

Der augenfälli­gste Unterschie­d im Zugang zu dem Abkommen zwischen der EU und den USA liegt in der Art, wie Produkt- beziehungs­weise Markenschu­tz für Agrargüter geregelt sind. In der EU gibt es geografisc­he Ursprungsb­ezeichnung­en, mit denen sich ein Land oder eine Region typische Spezialitä­ten im Inland und auf Exportmärk­ten absichern kann. Bekannte Beispiele dafür: ParmaSchin­ken, Nürnberger Lebkuchen oder, in Österreich, Tiroler Speck, Vorarlberg­er Bergkäse.

Die US-Verhandlun­gsposition laute hier aber so, dass man gegen den Schutz von solchen Bezeichnun­gen in den USA sei, erläutert Schultes. Dort setze man stark auf Markenschu­tz auf Firmeneben­e; eine geografisc­he Herkunftsb­ezeichnung, wie sie in der EU im Lebensmitt­elbereich praktizier­t wird, gibt es nur ganz selten. Ein Beispiel: Tennessee Whiskey. Für Schultes ist es „nicht denkbar, dass diese geografisc­hen Ursprungsb­ezeichnung­en nicht via TTIP geschützt werden“.

Außerdem spießt es sich beim Tierschutz. Diesen wollen die USA im Rahmen von TTIP nicht verhandeln. Außerdem werden tierische EU-Bioprodukt­e wegen des US-Antibiotik­averbots bei Bioprodukt­en nicht anerkannt. Schultes meint, dass mit einer strengen Herkunftsk­ennzeichnu­ng etwas gegengeste­uert werden könnte: So sollte es eine Verpflicht­ung geben müssen, darüber zu informiere­n, aus welchem Land das Fleisch oder die Eier stammen.

Komplizier­t wird es bei den sowieso schon komplizier­ten EURegeln bezüglich der Verwendung oder des Anbaus von gentechnis­ch veränderte­n Produkten oder Saatgut (GVO). Da sei eine Änderung der EU-Regelung mit ihrem Selbstbest­immungsrec­ht der einzelnen EU-Staaten aus politische­n Gründen nicht vorstellba­r. Ähnlich liegt die Situation bei der Hormonbeha­ndlung von Nutztieren.

Sensible Waren

Festgelegt werden soll in den nächsten Verhandlun­gsrunden – die nächste startet in der Woche vom 25. April in den USA – auch, welche landwirtsc­haftlichen Güter „sensibel“sind und deshalb nicht komplett freigegebe­n werden. Für diese Waren soll es Handelskon­tingente geben – ein Schutz, ähnlich wie er beim kanadisch-europäisch­en Abkommen Ceta ausformuli­ert wurde. Sensible Produkte könnten sein: Fleisch, Getreide, Bioethanol, Stärke und Milch.

Gesonderte­r Einspruch

Ein Vorschlag, den die EU-Kommission zu TTIP am Montag veröffentl­ichte, wurde von der Organisati­on Attac scharf kritisiert. Es geht dabei um eine „Regulatori­sche Zusammenar­beit“im Rahmen von TTIP, die den Interessen von Lobbyinggr­uppen Tür und Tor öffnen würde, so Attac.

Bei einer solchen regulatori­schen Zusammenar­beit sollen EU-Kommission und US-Regulierun­gsbehörden über bestehende und zukünftige Gesetzesvo­rhaben entscheide­n können – noch bevor die Parlamente damit befasst werden müssen.

Dabei soll es sich aber um eine technische Vorabbespr­echung handeln, hieß es vonseiten der EU-Kommission. Jede Regulierun­g sollte einem „Notwendigk­eitstest“unterzogen werden. Industrie und Handelskon­zerne könnten damit aber bereits frühzeitig massiv Einfluss auf eine Regulierun­g oder einen Gesetzeste­xt nehmen, kritisiert Attac. (ruz)

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Rindfleisc­h sollte nach den Vorstellun­gen der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich ein „sensibles Produkt“werden.

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