Der Standard

„Wir wären auf unseren Kosten sitzengebl­ieben“

Reinhard Hundsmülle­r vom Arbeiter-Samariter-Bund hält einen Fördervert­rag für erbrachte Leistungen für den „falscheste­n Weg“. Die Politik habe die Situation ausgenützt.

- INTERVIEW: Gudrun Springer Foto: ASBÖ/Lipinsky

Standard: Dass das Innenminis­terium (BMI) den NGOs bei Zahlungen für Leistungen für Flüchtling­e Spenden abziehen will, sorgt für Aufregung. Das steht aber in einer Vereinbaru­ng? Hundsmülle­r: Wir mussten zur Abrechnung unserer Kosten für Transitflü­chtlinge auf ein Rechtsvehi­kel zurückgrei­fen, das dafür ungeeignet ist. Wir haben gearbeitet und gearbeitet und Kosten gehabt. Nachdem aber die Privatwirt­schaft wie ein Kaufmann rechnet und die öffentlich­e Hand die Kameralist­ik hat, hieß es, wir können keine Rechnung legen, man muss auf einen Fördervert­rag umstellen. Ich habe von Haus aus gesagt, dass es der falscheste Weg ist, eine Förderleis­tung zu geben für etwas, das bereits erbracht wurde. Doch die Politik hat sich nicht umstimmen lassen. Daher gibt es Fördervert­räge, in denen unter anderem steht, dass Leistungen, die durch Dritte erbracht werden, vom Fördergebe­r nicht bezahlt werden. Jetzt geht man offenbar her und sagt: Spenden sind Leistungen Dritter. Wir verwenden unsere Spendengel­der aber in erster Linie für das, wofür der Staat nicht aufkommt.

Standard: Zum Beispiel? Hundsmülle­r: Wir haben am Schwarzlse­e in Unterprems­tätten die größte Einzelunte­rkunft Österreich­s mit bis zu 1400 Menschen, darunter 600 Kinder, gehabt und dort einen Kindergart­en eingericht­et sowie Deutschkur­se für Asylwerber, von denen zumindest die Syrer höchstwahr­scheinlich dableiben dürfen, angeboten. Das alles zahlt der Staat nicht. Dass dann der Finanzmini­ster sagt, ätsch, das gehört jetzt alles mir, dagegen verwehren wir uns. Dem BMI stellen wir in Rechnung, wofür wir beauftragt wurden: Betrieb und Abwicklung von Transitqua­rtieren. Der Staat zahlt schlicht Unterbring­ung und Versorgung, und das war es. Standard: Wie viel machen Spenden da anteilsmäß­ig aus? Hundsmülle­r: Das kann ich noch nicht seriös sagen.

Standard: Wie hätte man es aus Ihrer Sicht regeln sollen? Hundsmülle­r: Man hätte eine Rechnung legen lassen sollen und sie bezahlen. Man kann ja Krisengese­tze machen und sagen, das ist eine Krise, und wenn diese eintritt, erfolgt diese und jene Rechtsfolg­e. Hinzu kommt: Wir müssen uns immer wieder Geld ausborgen. Die Kosten dafür zahlt der Finanzmini­ster nicht. Und: Nicht verbraucht­e Gelder werden zu zwei Prozent verzinst, zu Unrecht bezogene zu vier Prozent und Streitfäll­e, wenn wir diese verlieren, zu neun Prozent. Da frage ich mich: Wo sind wir denn? Wir springen für die Republik ein, und die sagen: Wie NGOs zu ihrem Geld kommen, interessie­rt mich nicht. und haben sie am Ende vielleicht zu viel bezogen, zahlen sie Zinsen. Ein Beispiel: Eines unserer Quartiere wurde vom Bundesheer mit Essen beliefert. Wir nahmen Kosten an, stellten sie dem BMI in Rechnung, erfuhren aber im Nachhinein, dass das Heer nichts dafür verlangt. Wir nehmen den Teil wieder heraus und zahlen ihn der Republik zurück und müssen zwei Prozent Zinsen zah- len. Da hört sich alles auf. Der Showdown wird jetzt kommen. Ende März wird endabgerec­hnet.

Standard: Warum hat man die Vereinbaru­ng überhaupt abgenickt? Hundsmülle­r: Die Republik weiß es sehr gut auszunütze­n, dass mehrere NGOs auf dem Sektor tätig sind. Springt nicht der Größte ab, sagt sie, dann macht das eben der Rest. Man kann auch fragen, warum die NGOs sich darauf eingelasse­n haben, dass sie die Kosten für die Finanzbesc­haffung tragen. Die Finanz hat sich geweigert – ganz einfach. Letztendli­ch haben die NGOs nachgegebe­n. Wir sind massiv in Vorleistun­gen gegangen. Hätten wir den Vertrag nicht akzeptiert, wären wir auf unseren Kosten sitzengebl­ieben oder hätten jahrelange Rechtsstre­itigkeiten in Kauf nehmen müssen.

Standard: Ende März läuft der Vertrag aus. Wie geht es weiter? Hundsmülle­r: Dem Vernehmen nach soll es dazu am Karfreitag Gespräche geben. Derzeit haben wir keinen Transit in Österreich, aber das kann sich wieder ändern.

REINHARD HUNDSMÜLLE­R (59), seit 2005 Bundesgesc­häftsführe­r des Arbeiter-Samariter-Bundes Österreich (ASBÖ), war zuvor für das Bundesamt für Verfassung­sschutz im BMI tätig.

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