Wo Gerichte Grenzen bei den Sozialleistungen setzen
Ein Überblick über Urteile und Bestimmungen zur Frage, wann Flüchtlinge schlechtergestellt werden dürfen
An Ideen mangelt es derzeit nicht. Die ÖVP erneuert beinahe täglich ihre Forderung nach einer Kürzung der Mindestsicherung für Flüchtlinge. Für die SPÖ plädierte Sozialminister Alois Stöger zuletzt dafür, Flüchtlingen nur mehr dann Sozialleistungen zu gewähren, wenn diese in ihrem Bundesland bleiben, er ist also für eine Wohnsitzpflicht.
Das Institut für Arbeits- und Sozialrecht an der Uni Wien wurde von der Regierung beauftragt, zu prüfen, wo Flüchtlinge anders als einheimische Bürger behandelt werden dürfen. Das Gutachten soll demnächst vorliegen. Freilich gibt es längst höchstgerichtliche Erkenntnisse, die als Richtschnur gesehen werden können. Ein Überblick über die wichtigsten Bestimmungen und Urteile:
Konvention Die Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet in Artikel 23 die unterzeichnenden Staaten, dass „Flüchtlingen, die sich rechtmäßig auf ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstiger Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen“gewährt wird.
EU Auch eine EU-Richtlinie regelt explizit, „dass Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, in dem Mitgliedstaat, der diesen Schutz gewährt hat, die notwendige Sozialhilfe wie Staatsangehörige dieses Mitgliedstaates erhalten“.
Bei Asylberechtigten gibt es also wenig Spielraum. Allerdings kann sehr wohl eine Ungleichbehandlung von subsidiär Schutzberechtigten vorgenommen werden – also von Personen, die kein Asyl bekommen, aber trotzdem nicht abgeschoben werden dürfen.
Bei ihnen kann die Sozialhilfe laut EU-Richtlinie „auf Kernleistungen“beschränkt werden. Zwar gibt es auch hier die Einschränkung, dass diese Beschränkung „unter denselben Voraussetzungen wie für eigene Staatsangehörige“zu gelten habe, allerdings gibt es bereits eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, was das für Österreich bedeutet.
Nur Grundversorgung
Er hat 2011 die burgenländische Praxis für korrekt befunden, wonach subsidiär Schutzberechtigte nicht die Mindestsicherung, sondern nur die niedrigere Grundversorgung bekommen. Erwachsene bekommen dabei 180 Euro für Verpflegung, 110 Euro für Miete und 40 Euro Taschengeld. Diese Schlechterstellung gibt es auch in Salzburg, der Steiermark – und seit kurzem auch in Niederösterreich.
Schwieriger ist die Frage, ob Sozialleistungen an einen vorgegebenen Wohnsitz gekoppelt werden dürfen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im März 2016 ein Urteil gefasst, laut dem das bei subsidiär Schutzberechtigten nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Grundsätzlich hätten nämlich nicht nur anerkannte Flüchtlinge, sondern auch Personen mit subsidiärem Schutz ein Recht auf Bewegungsfreiheit. Dieses könne auch nicht einfach mit dem Argument eingeschränkt werden, der Staat wolle „eine angemessene Verteilung öffentlicher Sozialhilfelasten“erreichen. Hier dürfe es keine Ungleichbehandlung mit Inländern oder Drittstaatsangehörigen, die Sozialhilfe bekommen, geben.
Wann sind dann aber Wohnsitzauflagen zulässig? Laut EuGH nur dann, wenn es bei subsidiär Schutzberechtigten in stärkerem Maß Integrationsschwierigkeiten gibt. Es müsse aber explizit geprüft werden, ob diese Probleme im Vergleich zu anderen NichtEU-Bürgern, die Sozialleistungen beziehen, größer seien.