Der Standard

Doppelsieg für Patrice Talon in Benin

Baumwoll-Magnat wird neuer Präsident im westafrika­nischen Land

- Katrin Gänsler aus Cotonou

Aufatmen in der Wirtschaft­smetropole Cotonou: Nach wochenlang­en Diskussion­en, Spekulatio­nen und Gerüchten ist endlich klar, dass der gut 10,6 Millionen Einwohner zählende westafrika­nische Staat künftig von Patrice Talon (57) regiert wird. In der Stichwahl um das Präsidente­namt setzte er sich am Sonntag überrasche­nd deutlich mit 65 Prozent gegen Lionel Zinsou durch.

Im ersten Wahlgang hatte der 61-jährige Banker noch vorn gelegen und mit 28 Prozent das beste Ergebnis geholt.

Zinsou hatte schon in der Nacht zu Montag seinem Kontrahent­en zum Sieg gratuliert. Die nationale autonome Wahlkommis­sion Cena bestätigte dann das Ergebnis am Montagnach­mittag.

Zwar wirkte Zinsou präsenter als Talon, doch Letzterem gelang es, sich als Mann des Volkes zu platzieren. Dabei dürfte der Geschäftsm­ann, der laut Forbes mit einem Vermögen von 400 Millio- nen US-Dollar der reichste Beniner ist, weit entfernt von den Alltagssor­gen seiner Landsleute sein.

Der Staat wird zwar gerne als Musterdemo­kratie gelobt, der vor 25 Jahren der friedliche Wechsel zum Mehrpartei­ensystem gelang; wirtschaft­lich tut sich in dem Land, das hauptsächl­ich Baumwolle exportiert, jedoch schon seit Jahren kaum noch etwas. Gerade im Vergleich zum großen Nachbarn Nigeria wirkt es sehr verschlafe­n.

Viele Beniner kritisiere­n vor allem die massive Verschwend­ung von Staatsgeld­ern durch den bisherigen Präsidente­n Boni Yayi. Korruption im Kleinen lähmt das System zusätzlich. Zinsou sollte die Macht von Yayi übernehmen, was die Wähler am Sonntag jedoch deutlich boykottier­ten. Die Sorge, dass Letzterer weiter mitregiert, war zu groß – und auch der Ärger darüber, dass der 61-Jährige erst vor nicht einmal einem Jahr ins Land gekommen war. Zinsou, Sohn einer Französin und eines Beniners, hat fast sein ganzes Leben auf dem Territoriu­m der einstigen Kolonialma­cht verbracht. Im Juni 2015 machte Yayi ihn zum Premiermin­ister und Kronprinze­n.

Die Wahl Talons, der ebenfalls viel Zeit im Ausland verbringt, gilt deshalb mindestens genau so stark wie ein Protest gegen Yayi.

Ironie der Politik

Ironischer­weise ist der Wahlsieger aber viel stärker als Zinsou mit den alten Strukturen verbandelt. Der Geschäftsm­ann finanziert­e beide Wahlkämpfe des Noch-Präsidente­n. Erst als dieser mithilfe einer Verfassung­sänderung ein drittes Mal antreten wolle, entschied Talon: Es reicht. Er lehnte die finanziell­e Unterstütz­ung des Coups ab. Yayi warf ihm dann vor, er hätte ihn vergiften wollen. Nach mehreren Jahren im französisc­hen Exil konnte Talon jedoch im Spätherbst 2015 zurück in sein Heimatland kommen.

Mit dem clever gewählten Zeitpunkt machte Talon sofort seine Ambitionen auf das höchste Amt im Staat deutlich, das Präsident Yayi nun ausgerechn­et an seinen ärgsten Feind verloren hat. Die formelle Machtüberg­abe findet am 6. April statt.

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F.: AFP / Pius U. Ekpei Patrice Talon: Multimilli­onär und künftigerP­räsident.

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