Der Standard

Nadine Brandl will nach Las Vegas

Weil sie keine Partnerin gefunden hat, hat Synchronsc­hwimmerin Nadine Brandl vor Olympia in Rio ihre Karriere beendet. Die Wienerin ist nicht wehmütig, hat einen vollen Terminplan und träumt von Las Vegas.

- Birgit Riezinger

Wien – Bei der Frage nach ihrem größten Erfolg überlegt Nadine Brandl lange. Natürlich könne sie den sechsten Platz bei der EM 2012 oder zwei 13. WM-Plätze nennen. „Aber eigentlich“, sagt sie, „ist mein größter Erfolg, dass ich der Mensch geworden bin, der ich bin.“Der Mensch ist nun keine Spitzenspo­rtlerin mehr. Vor drei Wochen gab die 26-jährige Wienerin ihren Rücktritt als Synchronsc­hwimmerin bekannt. Ein Rücktritt, der sich abgezeichn­et hatte. Einmal wäre Brandl noch gerne bei Olympische­n Spielen angetreten. Nach Peking und London hätte Rio ein würdiger Abschluss werden sollen.

Aber der Solobewerb ist nicht olympisch und Brandl stand seit knapp zwei Jahren ohne Partnerin da. Vieles lief nicht glücklich in den vergangene­n drei Jahren. Brandl hat den Frust abgelegt. Weder zornig, noch wehmütig blickt sie zurück. „Ich sehe meine Karriere total positiv.“Dass sie aufhören würde, habe sie seit Juli gewusst. Nur offiziell machte sie es erst jetzt. Fad ist Brandl deshalb nicht. „Mein Terminplan ist voller als früher.“Studium, Praktikum bei der Sporthilfe, Schwimmtra­ining, Üben mit Nachwuchss­portlerinn­en. Aber Brandl ist gut organisier­t. Eine Stunde für den STANDARD lässt sich einzwicken.

„Ich höre an einem Punkt auf, an dem mir der Sport noch Spaß macht“, erzählt sie. Auch deshalb bleibt sie Synchronsc­hwimmerin. Das Ziel hat sich geändert: nicht mehr Rio, sondern Las Vegas. Nicht mehr Wettkämpfe, sondern Shows. Wenn es klappt, wirkt sie bald bei Le Rêve („Der Traum“) in Las Vegas mit. Neben Synchronsc­hwimmerinn­en sind auch Clowns, Akrobaten und Wasserspri­nger dabei. Zweimal pro Abend, fünfmal pro Woche wird „Der Traum“im Hotel Wynn aufgeführt. „Las Vegas“, sagt Brandl, „wäre ein neues Abenteuer.“

Brandl stellt sich Casting

Ob sie genommen wird, entscheide­t sich nach einem Casting in London Mitte Mai. Wie die Chancen stehen, wie viele genommen werden, kann sie schwer einschätze­n. „Die Anforderun­gen sind hoch“, sagt sie. „Die Bewegungen müssen showtaugli­ch sein.“Das sei etwas ganz anderes als das Wettkampf-Synchronsc­hwimmen. Die Arbeit in einem großen, internatio­nalen Team würde sie jedenfalls reizen. Und wenn es nicht klappt? „Dann geht es auch weiter.“Brandl hat ihr Bachelorst­udium der Publizisti­k abgeschlos­sen, studiert nun Wirtschaft. Bei der Sporthilfe hilft sie im Eventberei­ch. Nebenbei lernt sie Russisch. „Als Randsportl­erin“, sagt sie, „ist man gezwungen, sich Gedanken über die Zukunft zu machen.“Vom Synchronsc­hwimmen kann man nicht leben. Das Positive daran: „Es gab nie die Möglichkei­t, es wegen des Geldes zu machen. Ich musste es immer aus Freude machen.“

Schwierige Suche nach Partnerin

Aus Freude sprang sie auch in den vergangene­n drei Jahren ins Wasser, bloß die Begleitums­tände waren weniger spaßig. 2013 beendete Livia Lang, mit der Brandl bei Olympia 2012 in London angetreten war, nach einer gesundheit­sbedingten Auszeit ihre Karriere. Im selben Jahr tat sie sich mit der damals 15-jährigen Charlotte Formanek zusammen. Die Partnersch­aft hielt nur wenige Monate, bis zum Frühjahr 2014. Brandl: „Sie hat sich nicht bereit für die Olympia-Vorbereitu­ng gefühlt.“

Mit der Einbürgeru­ng der Drillingss­chwestern Anna-Maria, Eirini-Marina und Vasiliki-Pagona Alexandri im Juni 2014 ergab sich für Brandl eine neue Hoffnung auf eine Partnerin. Aber Vasiliki-Pagona wollte nicht gegen ihre Schwestern um einen Olympia-Startplatz antreten. Brandl verstand die Entscheidu­ng, sie hätte sich aber gerne der Konkurrenz gestellt. „Es ging mir um die Chance.“

Danach trat Brandl nur noch solo und schließlic­h gar nicht mehr an. Einen großen Auftritt legte sie vor einem Jahr abseits des Schwimmbec­kens hin. Bei einer Pressekonf­erenz sollte sie über Verbesseru­ngen des in Turbulenze­n geratenen Schwimmver­bandes (OSV) berichten. Brandl aber sah keine Verbesseru­ngen, tat dies kund. „Um über den Verband zu reden, wurde eine Athletin eingeladen, der man ein halbes Jahr nur Steine in den Weg gelegt hat“, sagte sie damals, und: „Mir fehlt das Vertrauen in den OSV.“

Ein Jahr später mag sie dem OSV nichts Böses nachwerfen. „Ich verüble niemandem mehr etwas.“Das Synchronsc­hwimmen wird Teil ihres Lebens bleiben. Rio, Las Vegas, Wien – nicht alles ist planbar. Der Sport hat ihr viel gegeben. „Vor allem bin ich der Mensch geworden, der ich bin.“

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 ??  ?? Seit 16 Jahren ist Nadine Brandl Synchronsc­hwimmerin. Nun verabschie­det sich die Wienerin vom Wettkampfs­port. In Las Vegas will sie bei Shows schwimmen.
Seit 16 Jahren ist Nadine Brandl Synchronsc­hwimmerin. Nun verabschie­det sich die Wienerin vom Wettkampfs­port. In Las Vegas will sie bei Shows schwimmen.

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