Der Standard

Klimawande­l gefährdet Qualität französisc­her Weine

In jüngster Vergangenh­eit haben französisc­he Winzer zwar einige hervorrage­nde Jahrgänge produziert. US-Forscher warnen nun aber auf Basis von Daten aus den letzten 400 Jahren davor, dass die Klimaerwär­mung der Qualität der edlen Tropfen nachhaltig schade

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Cambridge/Wien – Der Ratschlag, der sich aus der Studie ableitet, gleich zu Beginn: Wer auch noch später im 21. Jahrhunder­t erstklassi­gen französisc­hen Wein trinken will, sollte langsam damit anfangen, die Bestände im Weinkeller aufzustock­en. Denn viel besser werden die Weine aus Frankreich vermutlich nicht mehr.

Das behaupten zumindest US-Wissenscha­fter um Benjamin Cook (Klimaforsc­her an der Columbia University), die für die vergangene­n 400 Jahre alle verfügbare­n Daten zum Zeitpunkt der Traubenern­te in französisc­hen Weinregion­en gesammelt haben. Dabei sprangen den Forschern vor allem zwei Entwicklun­gen ins Auge, wie sie im Fachblatt Nature Climate Change berichten.

Zum einen findet die Traubenern­te vor allem seit den 1980erJahr­en aufgrund des Klimawande­ls immer früher statt, was im Prinzip noch kein Problem für die Qualität des daraus gekelterte­n Weins wäre – im Gegenteil: Es gibt sogar einen positiven Zusammenha­ng zwischen einem frühen Erntedatum und der Weinqualit­ät.

Zum anderen mehren sich aber die Anzeichen, dass diese Entwicklun­g in den kommenden Jahren in ihr Gegenteil umschlagen könnte: dass es nämlich in den Weinregion­en zu warm wird, die Traubenern­te zu früh und ohne Trockenper­iode davor stattfinde­t und die Trauben zu eher mittelmäßi­gen Jahrgängen führen.

Einen buchstäbli­chen Vorgeschma­ck auf diese Entwicklun­g habe das Jahr 2003 geboten, sagt die Harvard-Evolutions­biologin Elizabeth Wolkovich, eine der Koautorinn­en der Studie: „In diesem Jahr war Europa von einer massiven Hitzewelle betroffen, und die Traubenern­te fand früher statt als je zuvor. Die Weine waren von sehr gemischter Qualität.“

Der Grund dafür war, dass es in diesem Sommer nicht nur heiß war, sondern noch dazu feucht. Und das könnte in den nächsten Jahren und Jahrzehnte­n zum Normalfall werden. Eine Phase der Trockenhei­t vor der Ernte ist aber nötig, damit die Trauben das perfekte Verhältnis von Zucker und Säure besitzen.

Den US-Forschern geht es mit ihrer Studie aber nicht nur um die Weinqualit­ät. Die Daten zur Traubenern­te seit 1600 lassen langfristi­ge Trends der Klimaerwär­mung und deren Auswirkung­en auf die Menschen besser vorhersage­n. Für Winzer mag 2003 zwar ein schlechtes Jahr gewesen sein; viel schlimmer war letztlich, dass in diesem Sommer tausende Menschen in Europa infolge der Hitzewelle starben. (tasch)

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