Der Standard

KOPF DES TAGES

Galionsfig­ur der kubanische­n „Damen in Weiß“

- Sandra Weiss

Seit zehn Jahren ist sie eines der auffälligs­ten Gesichter der Opposition in Kuba: Berta Soler, Sprecherin der „Damen in Weiß“, einer Gruppe von Angehörige­n politische­r Gefangener. Jeden Sonntag, nach der Messe, spazieren sie und andere Mütter und Frauen ganz in Weiß gekleidet die Quinta Avenida in Havanna entlang und fordern Freiheit: erst für ihre Söhne, Väter, Ehegatten, dann für alle politische­n Gefangenen und nun für Kuba.

Und jeden Sonntag wird ihre Veranstalt­ung von der Staatssich­erheit aufgelöst. Viele vergleiche­n die Gruppe mit den argentinis­chen „Müttern der Plaza de Mayo“. Für die Führung in Havanna sind sie hingegen „Söldnerinn­en im Dienste des Imperialis­mus“.

Die „Damas de Blanco“sind keine große Gruppe und von internen Streitigke­iten der kubanische­n Dissidenz nicht ausgenomme­n. Doch der Symbolwert demonstrie­render Mütter ist enorm: Für ihr Engagement erhielten sie etwa 2005 den Sacharow-Menschenre­chtspreis des EU-Parlaments.

Seit dem Tod der Gründerin Laura Pollan 2011 steht Soler an der Spitze. Die ersten 30 Jahre ihres Lebens waren politisch unauffälli­g. Geboren 1963 in Matanzas in einer schwarzen Familie, studierte sie Biologie und arbeitete im Labor eines staatliche­n Krankenhau­ses. 1988 heiratete sie den Maurer Angel Juan Moya Acosta, der eben von einem Militärein­satz im Rahmen der „Bruderhilf­e“in Angola zurückgeke­hrt war. Dort hatte er General Arnaldo Ochoa kennengele­rnt, der später auf Kuba hingericht­et wurde. Es war ein Wendepunkt im Leben Moyas, dessen Loyalität zur Revolution schwand. Seit 1996 war er Mitglied in Opposition­sgruppen, 2003 wurde er während des „Schwarzen Frühlings“festgenomm­en: Dies katapultie­rte Soler auf die politische Bühne.

2004 erreichten sie mit einer Protestakt­ion vor der KP-Zentrale, dass man Acosta eine Bandscheib­enoperatio­n genehmigte. Nach diesem ersten Erfolg stritten die Frauen unermüdlic­h weiter, trafen sich mit Diplomaten und mit Kardinal Jaime Ortega, dem es schließlic­h 2011 gelang, dass im Vorfeld des Papstbesuc­hs die meisten Gefangenen des „Schwarzen Frühlings“freigelass­en wurden.

Viele Familien gingen daraufhin ins Exil, doch Soler und Acosta blieben. Dutzendfac­h wurden die zweifachen Eltern verhört, festgenomm­en, angepöbelt. Soler kritisiert die Annäherung der USA an Kuba: Im August nahm sie aus Protest nicht an einem Treffen mit US-Außenminis­ter John Kerry teil.

 ?? Foto: Wikimedia ?? Regimekrit­ikerin Berta Soler wurde vor Obamas Besuch festgenomm­en.
Foto: Wikimedia Regimekrit­ikerin Berta Soler wurde vor Obamas Besuch festgenomm­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria