Historischer Handschlag mit Hindernissen in Havanna
Nur wenige Stunden vor Beginn des historischen Besuchs von Barack Obama in Kuba wurden Gegner der Castro-Brüder festgenommen. Der US-Präsident hält aber an seinem Plan fest: die Beziehungen zu festigen.
Mit einem symbolträchtig-historischen Handschlag haben US-Präsident Barack Obama und dessen kubanischer Amtskollege Raúl Castro die fast sechs Jahrzehnte währende Eiszeit zwischen den beiden Nationen offiziell beendet. Der politische Prozess der „Normalisierung“war schon Ende 2014 eingeläutet worden, doch erst der Staatsbesuch Obamas besiegelte die Versöhnung in einem Konflikt, der die Welt im Oktober 1962 sogar an den Rand eines Atomkriegs gebracht hatte. Überschattet wurde das Treffen zwischen Castro und Obama allerdings durch die Festnahme mehrerer Dissidenten nur wenige Stunden vor der Ankunft des US-Präsidenten in Kuba.
Havanna/Puebla – Überschattet von der Festnahme mehrerer Dissidenten hat am Sonntag der historische Besuch von US-Präsident Barack Obama im sozialistischen Kuba begonnen. „Wie geht’s Kuba? Bin gerade hier angekommen und freue mich, das kubanische Volk zu treffen und anzuhören“, twitterte Obama, nachdem sein Flugzeug am späten Nachmittag (Ortzeit MEZ –5) in Havanna gelandet war.
Bei regnerischem Wetter wurde er von Außenminister Bruno Rodríguez empfangen. Wenige Stunden zuvor hatte die Staatssicherheit in Havanna eine Demonstration der oppositionellen „Damen in Weiß“aufgelöst und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer festgenommen. Während etwa 50 Regimegegner „Freiheit!“riefen, entgegnete eine weitaus größere Gruppe regierungsnaher Gegendemonstranten „Es lebe die Revolution!“
Heute, Dienstag, ist ein Treffen Obamas mit Regimegegnern geplant. Letzteres stieß zwar auf Widerstand der kubanischen Führung, war aber nach Angaben aus Washington „nicht verhandelbar“. Auf der Einladungsliste standen praktisch alle wichtigen Regimegegner: von der kritischen Bloggerin Yoani Sánchez bis Elizardo Sánchez, Präsident einer der ältesten Dissidentengruppen, der Kubanischen Kommission für Menschenrechte und Versöhnung. Ob sie alle an dem Treffen teilnehmen können oder – wie schon beim jüngsten Papstbesuch – von der Staatssicherheit daran gehindert werden, ist unklar. „Es herrscht ein Klima der Repression“, sagte Sánchez, der am Samstag stundenlang verhört worden war.
Noch am Sonntag traf Obama mit Diplomaten zusammen und dankte den Anwesenden für ihr aufopferndes Engagement. Er sprach von einer „historischen Gelegenheit, die Kubaner und ihre Sorgen kennenzulernen“. Tatsächlich ist aber der öffentliche Zugang zu allen Veranstaltungen der Obama-Reise von der KP strikt reguliert.
Große Delegation
Im Schlepptau hat Obama rund 40 Politiker und ein Dutzend Geschäftsleute. Seit der Normalisierung der bilateralen Beziehungen Ende 2014 – sie beendeten nach mehr als 50 Jahren den kalten Krieg in der Karibik – hat sich zwar vieles verändert, doch Investitionen sind kompliziert: Noch hem- men zahlreiche Embargo-Vorschriften wie das Verbot von Individualtourismus das Geschäft; aber vor allem auf kubanischer Seite gibt es Hürden, was Arbeitskräfte, Löhne und die staatliche Kontrolle betrifft. Die Kubaner ihrerseits fürchten, dass die US-Investitionen den Privatsektor stärken und den Staatssektor aushöhlen.
Am Abend besichtigte Obama zusammen mit seiner Frau Michelle und den beiden Töchtern die frisch herausgeputzte Altstadt von Havanna in Begleitung des Stadthistorikers Eusebio Leal und traf sich in der Kathedrale mit Kardinal Jaime Ortega, der bei der Annäherung eine wichtige Rolle gespielt hatte. An den Absperrgittern fanden sich trotz des strömenden Regens Neugierige ein, die „Obama, Obama!“riefen und applaudierten, als er ihnen zuwinkte.
Gestern, Montag, begann dann der offizielle Teil des Staatsbesuchs mit der Kranzniederlegung am Denkmal des Nationalhelden José Martí und Gesprächen mit Kubas Staatschef Raúl Castro.
Auch Kolumbien ist Thema
US-Außenminister John Kerry wollte sich auch mit den Delegierten der kolumbianischen Regierung und der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) treffen, die in Havanna über Frieden verhandeln; der ist für die USA von strategischem Interesse.
Sowohl Castro, der 2018 abtritt, als auch Obama im letzten Amtsjahr haben Interesse daran, die Normalisierung zu festigen. Der Inselstaat Kuba braucht dringend ausländische Investitionen und den Zugang zu Krediten, um die marode Wirtschaft zu sanieren und das Überleben der Kommunistischen Partei (KP) zu sichern. Obama will die Beziehungen zu Lateinamerika stärken und seine persönliche außenpolitische Marke hinterlassen.
Außerdem ist der Besuch mitten im Wahlkampf, der von Donald Trumps nationalistisch-rassistischen Parolen dominiert wird, eine innenpolitische Botschaft an die Hispano-Wählerschaft. Trump hat sich mit dem Kurswechsel zwar einverstanden erklärt, kritisierte es aber am Sonntag via Twitter als „respektlos“, dass Obama am Flughafen nicht von Castro begrüßt wurde.