Auferrockt von den Toten
Noch bis Ostersonntag läuft im Raimundtheater „Messiah Rocks“– nach dem berühmten Händel-Oratorium. Dabei wird aus Christi Leben und Tod ein mitreißendes Kitschspektakel zum Mitklatschen.
Wien – Superstar war er schon. Jetzt ist er auch noch Rockstar. Er hat ja auch gerockt: im Stall geboren, im Tempel randaliert, sich ausliefern lassen, den Tod bezwungen. Geht mehr F*ckyou-Attitüde überhaupt? Und hallo, ewiges Leben!
Ewig dauert das Spektakel im Wiener Raimundtheater nicht. In kaum eineinviertel Stunden wird da verkündigt, verurteilt, gekruzifixt, begraben und auferstanden. Aber es ist eine höchst leidenschaftliche Passion, die noch bis Sonntag Europapremiere feiert.
1741 hat Georg Friedrich Händel den Messiah komponiert, und noch zu seinen Lebzeiten hat sich eine regelmäßige Aufführungstradition des Oratoriums zur Osterzeit begründet. Dieser kommt man in Wien nach, weniger dem Original: Dani Davis (Libretto) und Jason Howland (Musik) haben sich daran zu schaffen gemacht: Gitarrensolo. Wrrm.
Ein paar Bibel- und Händel-Zitate sind übriggeblieben. Die wurden in opulenten Hochglanzrock verpackt. Das macht das ganze Unterfangen zwar von vornherein lächerlich (no dirt, just dirtiness), aber es zieht!
Leicht szenisch (Regie: Alex Balga, musikalische Leitung: Koen Schoots) nimmt man Pathosposen ein. Dramatisches Stehen, Schreiten. Billiges, aufgeblasenes Gefühl. Kitsch. Da fällt ein rotes Tuch (Blut?) vom Himmel und wird zum Schutzmantel der Armen und Geknechteten. Hinter einen Zaun gepfercht sind sie Flüchtlinge, sonst wuchten sie als Sprechchor humane Parolen zwischen die 17 Nummern. Gut so!
Als Solisten stehen u. a. Ana Milva Gomes und Drew Sarich im Mittelpunkt. Fixe Rollen gibt es nicht. Aber wenn Rob Fowler King of Glory singt, ist er, das weiße Hemd offen bis zum Brustbein, der wahre King. Zu Hallelujah – im Hintergrund laufen Bilder des indischen Holi-Festes, versöhnt und bunt wie die Ostereier sind die Menschen – reißt es das Publikum endgültig mit, am Ende auch von den Sitzen.
Grauenvoll. Aber auch großartig. Auf ganz seltsame, groteske Art. Bis 27. 3.