Der Obdachlose und die NS- Schmiererei
39-Jähriger wollte am Donnerstag nackt zum Prozess erscheinen. Er soll das Euthanasie-Mahnmal in Salzburg zerstört und 53 Sachbeschädigungen begangen haben. Wegen Wiederbetätigung drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.
Salzburg – Björn Erik W. musste am Donnerstag von drei Polizisten mit Hand- und Fußfesseln in den Gerichtssaal getragen werden. Der 39-Jährige hatte zuvor angekündigt, aus Protest nur nackt vor den Geschworenen erscheinen zu wollen. Deshalb verzögerte sich der Prozess um die Zerstörung des Euthanasie-Mahnmals in Salzburg und 52 weitere nationalsozialistisch motivierte Sachbeschädigungen.
Nachdem W. einen zur Verfügung gestellten Anzug zerstört hatte, konnten Justizwachbeamte ihn schlussendlich doch dazu überreden, wenigstens einen Jogginganzug anzuziehen. Staats- anwalt Marcus Neher wirft dem 39-Jährigen nationalsozialistische Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz (Paragraf 3f) vor. Ihm drohen bis zu 20 Jahre Haft.
Zwischen Juni 2013 und Juni 2015 soll der Obdachlose 53 nationalsozialistisch motivierte Sachbeschädigungen begangen haben. Unter anderem soll er fünf Mal das Widerstandsdenkmal am Kommunalfriedhof mit Namen von Rechtsextremen oder Nationalsozialisten beschmiert, NS-Parolen auf Parteizentralen, das Integrationshaus, die Caritas und Schulen gesprayt, zehn Stolpersteine unkenntlich gemacht und mehrere Plakate der Aktion #88gegenrechts ruiniert haben. Gegipfelt ist die Zerstörungswut am 13. Mai 2014, als er das Mahnmal für Euthanasie-Opfer im Salzburger Kurgarten demoliert haben soll.
Seinen Pflichtverteidiger Jörg Dostal lehnte der Angeklagte zunächst ab. Nach dem Eröffnungsplädoyer des Staatsanwalts und einer Belehrung durch Richterin Bettina Maxones-Kurkowski ließ er diesen aber doch verteidigen. Dostal erinnerte die Geschworenen daran, dass es sich um ein Delikt mit einer massiven Strafdrohung, wie bei einem Mord, handle. Deshalb sei jedes Faktum genau zu untersuchen.
„Frustrationsakt“
Nach Meinung seines Mandanten sei das Verbotsgesetz an sich Unsinn, da es aus 1947 stamme und Österreich erst seit 1955 ein freies Land sei. Dass Björn Erik das kritisch hinterfrage, solle ihm nicht erschwerend angelastet werden, sagte Dostal. Die Zerstörung des Denkmals sei ein „Frustrationsakt“gewesen. Der 39-Jährige sei obdachlos gewesen und auch bei Caritas-Einrichtungen abgewiesen worden. Er hätte Hilfe gebraucht, aber nicht bekommen. Die Sachbeschädigungen seien ein „großer Hilfeschrei“gewesen.
Bei seiner Einvernahme ging es zunächst um seine Vorgeschichte. Die Richterin fragte, warum er seinen Vornamen geändert habe. Denn bis Björn Erik 26 Jahre alt war, hieß er noch Erkan. Das habe mit seinem türkischen Vater zu tun, erklärte der Angeklagte. „Er hat mich um meine deutsche Herkunft betrogen.“Der Prozess wird nächste Woche fortgesetzt.