Der Standard

Vorwärtsve­rteidigung gegen die Domainflut

Die neuen Top-Level-Domains im Internet bieten ein Spielfeld für Domain- Grabber

- Michael Woller

Wien – Domainname­n bestehen aus Top-Level-Domains (TLDs; jener Teil eines Domainname­ns, der hinter dem Punkt steht, z. B. .at oder .com) und Sub-Level-Domains (SLDs; der Teil vor dem Punkt). Seit einigen Jahren kann theoretisc­h jeder beliebige Begriff als TLD dienen – sogenannte neue gTLDs. Seit deren Launch Anfang 2014 wurden bereits mehr als 900 weitere eingeführt, darunter .shop, .wien, .tirol, .xyz und .bank. Und täglich werden es mehr: Erst kürzlich kam die für die Versicheru­ngsbranche relevante gTLD .insurance hinzu. Unter diesen neuen gTLDs wurden insgesamt mehr als 15 Millionen neue Domainname­n (SLDs) vergeben.

Die Nutzung von Domainname­n unter den neuen gTLDs bietet Unternehme­n neue Möglichkei­ten zur Onlinekomm­unikation, weil die Bedeutung der jeweiligen gTLD genutzt werden kann, um prägnante und leicht merkbare Internetad­ressen zu kreieren – z. B. marke.shop für den Onlineshop anstelle von marke.com/shop. Diese anhaltende Erweiterun­g des Domainname­nsraums stellt Unternehme­n aber auch vor neue Herausford­erungen: Während man sich die eigenen Namen und Marken unter den etablierte­n generische­n TLDs und relevanten Länderdoma­ins – z. B. .com, .at oder .de – meist schon gesichert hat, eröffnen neue gTLDs weitere Namensräum­e im Internet. Damit steigt die Gefahr, dass unberechti­gte Domain-Grabber fremde Marken als Domainname­n sichern.

An sich könnte man problemati­sche Domainname­n gleich selbst defensiv registrier­en. Das ist aber aufgrund der steigenden Zahl der verfügbare­n neuen gTLDs, unter denen ein Begriff wiederum in verschiede­nen Kombinatio­nen registrier­t werden könnte, und auch aus Kostengrün­den nicht immer sinnvoll. Eine andere Möglichkei­t ist, erst dann zu reagieren, wenn ein problemati­scher Domainname bekannt wird. Dann kann im Einzelfall mittels Gerichts- bzw. Streitschl­ichtungsve­rfahren gegen die Registrier­ung und Nutzung durch den unberechti­gten Domaininha­ber vorgegange­n werden.

Doppelte Strategie

In der Regel ist es sinnvoll, beide Ansätze zu kombiniere­n: Domainname­n, die man selbst nutzen möchte, sowie solche, die eine besondere Gefahr für das Unternehme­n bilden könnten, wenn sie in falsche Hände gerieten, sollten vorab identifizi­ert und frühzeitig gesichert werden. Dafür bietet es sich an, registrier­te Marken rechtzeiti­g im sogenannte­n Trademark Clearingho­use zu hinterlege­n, was die Teilnahme an den „Sunrise-Phasen“der neuen gTLDs ermöglicht. Das ist eine bevorzugte Zuteilungs­phase für Markeninha­ber vor der allgemeine­n Verfügbark­eit von Domainname­n.

Als Ergänzung kann eine Domainüber­wachung eingericht­et werden; auch das Trademark Clea- ringhouse bietet einen eingeschrä­nkten Überwachun­gsmechanis­mus an. Damit können potenziell kritische Domainregi­strierunge­n Dritter frühzeitig erkannt werden, um dagegen rechtlich vorgehen zu können – möglichst noch, bevor ein Schaden für das Unternehme­n eintritt.

DR. MICHAEL WOLLER LL.M. MBA ist Rechtsanwa­lt im New-Tech-Team von Schönherr. m.woller@schoenherr.eu

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