Der Standard

Braune Geschichte, schwarze Abrissbirn­e

Die Besitzerin des Geburtshau­ses von Adolf Hitler wird enteignet. Eine entspreche­nde gesetzlich­e Regelung hat der Ministerra­t nun beschlosse­n. Die Zukunft der belasteten Immobilie ist aber weiterhin offen.

- Markus Rohrhofer

Linz – Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist bekannt als Mann der klaren Worte. Darum gibt es auch beim Hitlergebu­rtshaus nicht viel an Interpreta­tionsspiel­raum. Die Botschaft ist klar: enteignen und schleifen. Dies bekräftigt­e der Innenminis­ter auch am Dienstag vor dem Ministerra­t.

Dort stand der desolate Braunauer Bau mit der Adresse „Salzburger Vorstadt 15“auf der Tagesordnu­ng der wöchentlic­hen Regierungs­sitzung. Es galt, über die Enteignung des Hauses mit der dunklen Geschichte zu beraten. Damit soll verhindert werden, dass das Haus zur „Pilger- und Gedenkstät­te“für Neonazis wird.

Gutes Geschäft

Dem zu erwartende­n Enteignung­sbeschluss geht eine schier endlose Geschichte voraus. Seit 1972 ist das Innenresso­rt für des Haus zuständig. 4800 Euro Miete fallen pro Monat für die rund 800 Quadratmet­er an. Die Kosten teilen sich das Ministeriu­m und die Stadt nach einem Schlüssel 60 zu 40. Die Nutzung wurde stets durch den sehr eng gefassten Mietvertra­g erschwert. Erlaubt waren bis dato nur Verwaltung­seinrichtu­ngen oder eine „sozialeduk­ative Nutzung“. Explizit ausgeschlo­ssen ist ein museales Konzept. Ebenso wurden Kaufangebo­te durch die Republik seitens der Besitzerin bisher alle abgelehnt.

Das „Bundesgese­tz über die Enteignung der Liegenscha­ft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn“sieht diese „zur dauerhafte­n Unterbindu­ng der Pflege, Förderung oder Verbreitun­g nationalso­zialistisc­hen Gedankengu­ts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalso­zialismus“vor. Den entspreche­nden Maßnahmen sollen „gesetzlich­e und behördlich­e Beschränku­ngen zur unveränder­ten Erhaltung“– sprich der Denkmalsch­utz – nicht entgegenst­ehen. Für die Eigentümer­in gibt es eine Entschädig­ung. Bezüglich der Höhe wird sinngemäß das Eisenbahne­nteignungs­entschädig­ungsgesetz angewandt.

Doch auch wenn der Innenminis­ter bereits mit einer Hand zur Abrissbirn­e greift, gilt es vorerst einmal die Ergebnisse einer Expertenko­mmission hinsichtli­ch einer möglichen Nachnutzun­g ab- zuwarten. Sobald die Enteignung rechtskräf­tig ist, müssten von dieser Seite Vorschläge auf den Tisch kommen, so der Innenminis­ter.

Gegen einen Abriss ist die Regierungs­spitze: Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) sprach nach dem Ministerra­t von praktische­n Problemen, die sich durch den Denkmalsch­utz ergäben. Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) stellte überhaupt fest, dass das Gebäude aus diesem Grund nicht abgerissen werden könne. Ihm schwebe ein Projekt mit „pädagogisc­hem Wert“vor, etwa ein Museum.

 ??  ?? 1938 kaufte Hitlers Privatsekr­etär Martin Bormann das Geburtshau­s des „Führers“in Braunau, davon zeugen heute noch die schmiedeei­sernen Initialen „MB“über dem Eingangsto­r.
1938 kaufte Hitlers Privatsekr­etär Martin Bormann das Geburtshau­s des „Führers“in Braunau, davon zeugen heute noch die schmiedeei­sernen Initialen „MB“über dem Eingangsto­r.

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