Braune Geschichte, schwarze Abrissbirne
Die Besitzerin des Geburtshauses von Adolf Hitler wird enteignet. Eine entsprechende gesetzliche Regelung hat der Ministerrat nun beschlossen. Die Zukunft der belasteten Immobilie ist aber weiterhin offen.
Linz – Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ist bekannt als Mann der klaren Worte. Darum gibt es auch beim Hitlergeburtshaus nicht viel an Interpretationsspielraum. Die Botschaft ist klar: enteignen und schleifen. Dies bekräftigte der Innenminister auch am Dienstag vor dem Ministerrat.
Dort stand der desolate Braunauer Bau mit der Adresse „Salzburger Vorstadt 15“auf der Tagesordnung der wöchentlichen Regierungssitzung. Es galt, über die Enteignung des Hauses mit der dunklen Geschichte zu beraten. Damit soll verhindert werden, dass das Haus zur „Pilger- und Gedenkstätte“für Neonazis wird.
Gutes Geschäft
Dem zu erwartenden Enteignungsbeschluss geht eine schier endlose Geschichte voraus. Seit 1972 ist das Innenressort für des Haus zuständig. 4800 Euro Miete fallen pro Monat für die rund 800 Quadratmeter an. Die Kosten teilen sich das Ministerium und die Stadt nach einem Schlüssel 60 zu 40. Die Nutzung wurde stets durch den sehr eng gefassten Mietvertrag erschwert. Erlaubt waren bis dato nur Verwaltungseinrichtungen oder eine „sozialedukative Nutzung“. Explizit ausgeschlossen ist ein museales Konzept. Ebenso wurden Kaufangebote durch die Republik seitens der Besitzerin bisher alle abgelehnt.
Das „Bundesgesetz über die Enteignung der Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn“sieht diese „zur dauerhaften Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts oder eines bejahenden Gedenkens an den Nationalsozialismus“vor. Den entsprechenden Maßnahmen sollen „gesetzliche und behördliche Beschränkungen zur unveränderten Erhaltung“– sprich der Denkmalschutz – nicht entgegenstehen. Für die Eigentümerin gibt es eine Entschädigung. Bezüglich der Höhe wird sinngemäß das Eisenbahnenteignungsentschädigungsgesetz angewandt.
Doch auch wenn der Innenminister bereits mit einer Hand zur Abrissbirne greift, gilt es vorerst einmal die Ergebnisse einer Expertenkommission hinsichtlich einer möglichen Nachnutzung ab- zuwarten. Sobald die Enteignung rechtskräftig ist, müssten von dieser Seite Vorschläge auf den Tisch kommen, so der Innenminister.
Gegen einen Abriss ist die Regierungsspitze: Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach nach dem Ministerrat von praktischen Problemen, die sich durch den Denkmalschutz ergäben. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellte überhaupt fest, dass das Gebäude aus diesem Grund nicht abgerissen werden könne. Ihm schwebe ein Projekt mit „pädagogischem Wert“vor, etwa ein Museum.