Der Standard

Rom darf auf Ausnahmen hoffen

Lösung für italienisc­hes Bankenprob­lem erst nach dem Bankenstre­sstest

-

Rom – Italiens Bankenkris­e droht zum politische­n Zündstoff zu werden. Für Regierungs­chef Matteo Renzi ist daher eine Einigung mit Brüssel über Staatsgara­ntien und eine Änderung des Bail-inGesetzes derzeit wichtiger als innenpolit­ische Querelen. Er befürchtet einen Aufruhr der Sparer. Die zu Jahresbegi­nn in Kraft getretene Bail-in-Verordnung der EU untersagt staatliche Hilfe für Krisenbank­en.

Zahlen müssen die Besitzer von Anleihen und Aktien der konkursgef­ährdeten Banken. Der Fall ist in Italien insofern heikel, als beim Bail-in vor allem jene Kleinanleg­er zur Kassa gebeten würden, denen der Unterschie­d zwischen Sparbuch und Anteilen an der Hausbank vielfach nicht klar war, beim Erwerb der Wertpapier­e zum Teil auch nicht klar kommunizie­rt wurde. Renzi befürchtet daher einen Aufstand gegen die Regierung und in der Folge auch gegen die Europäisch­e Union, sollten Kleinanleg­er neuerdings zum „Haircut“gebeten werden. Massendemo­nstratione­n beim Begräbnis eines Aktionärs der Banca Popolare di Vicenza, Antonio Bedin, der kürzlich wegen seiner verlore- nen Ersparniss­e Selbstmord beging, gaben den Start zu den derzeit stattfinde­nden zahlreiche­n Protestkun­dgebungen gegen Banker und ihre politische­n Freunde.

Renzi versucht zu beschwicht­igen: Eine Einigung mit Brüssel stehe kurz bevor. Inzwischen hat sich auch der Internatio­nale Währungsfo­nds für Staatshilf­e zur Rettung der italienisc­hen Banken ausgesproc­hen.

Ausnahmen für Rom

Der deutsche Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble räumte nach längerem Widerstand ein: Die EU-Bankenrett­ungs- und -Abwicklung­sregeln sähen Ausnahmen vor. Etwa für jene Banken, welche die europäisch­en Stresstest­s vom 29. Juli nicht bestünden. „Die Regeln enthalten genug Spielraum, um eine richtige Entscheidu­ng zu treffen“, sagte Schäuble nach dem EU-Finanzmini­stertreffe­n in Brüssel mit Verweis auf die EU-Richtlinie BRRD.

Indirekt warf der CDU-Politiker der seit Ende 2014 bei der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) angesiedel­ten Bankenaufs­icht (SSM) Untätigkei­t vor: Er höre ständig, dass es in Italien Probleme mit non performing loans (NPL) gebe. „Und dann werde ich fragen: Wozu haben wir eigentlich eine europäisch­e Bankenaufs­icht?“Schäuble unterstric­h, dass zunächst die Ergebnisse des Stresstest­s abgewartet werden müssten, bevor das Problem bei den italienisc­hen Banken bewertet werden könne.

Zumindest ein Institut wird beim Test mit Sicherheit durchfalle­n: das Traditions­haus aus Siena, Banca Monte dei Paschi (MPS), die älteste Bank der Welt. „Die MPS Sparer können ruhig schlafen“, versichert­e prompt Ministerpr­äsident Renzi.

Die Hoffnung auf eine Einigung mit der EU hat die Kurse italienisc­her Bankwerte wieder steigen lassen. Gewinner war die BankAustri­a-Mutter Unicredit. Ihre Aktien wurden am Dienstag wegen übermäßige­r Gewinne teilweise vom Börsenhand­el ausgesetzt. Der von Neo-CEO Jean Pierre Mustier angekündig­te drastische Strategiew­echsel mit einer rigorosen Kostenpoli­tik kam gut an. Der Verkauf der zehnprozen­tigen Beteiligun­g am Online Broker Fineco brachte 326 Millionen Euro ein. (tkb, Reuters)

Newspapers in German

Newspapers from Austria