Der Standard

Die Bresche in der Bankomatma­uer

Die Politik kann Gebühren nicht verhindern, Bankkunden müssen mündiger werden

- Eric Frey

Die Debatte um die Einführung von Bankomatge­bühren gleicht seit Monaten einem Mikadospie­l. Die Banken wollen endlich – wie in den meisten EU-Staaten – die anfallende­n Kosten für Barabhebun­gen ihren Kunden weiterverr­echnen. Aber niemand will sich als Erster bewegen, weil dies einen schweren Image- und Geschäftss­chaden nach sich zieht.

Nun hat einer – ein kleiner Außenseite­r – an dem Tabu gerüttelt. Und auch wenn mit den 1,95 Euro, die bei Abhebungen an einem der 70 EuronetGer­äte anfallen, noch kein Damm gebrochen ist – eine erste Bresche ist geschlagen. Und die wird Folgen haben, selbst wenn Euronet jetzt aus zahlreiche­n Supermärkt­en hinausflie­gt.

Denn gesetzlich verbieten, wie es etwa Sozial- und Konsumente­nschutzmin­ister Alois Stöger und manche Verbrauche­rschützer fordern, lassen sich Bankomatge­bühren nicht. Kontoführu­ngsverträg­e, die eine Weiterverr­echnung derzeit nicht zulassen, können rasch geändert werden – und werden das wohl auch, weil die Institute die Euronet-Gebühr sonst selbst schlucken müssten. Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde kann zwar Absprachen zur Einführung von Gebühren verhindern. Aber wenn die Institute dies unabhängig voneinande­r tun, sind die Kartellwäc­hter machtlos. inanzminis­ter Hans Jörg Schellings aktuelle Stellungna­hme macht deutlich, wohin die Reise geht: Bei seiner Hausbank wird jeder weiterhin gratis abheben können, betonte er. Klar, das ist auch in Deutschlan­d üblich. Und die Sparkassen, Volksbanke­n und der Raiffeisen­sektor werden wohl untereinan­der auch in Zukunft nichts verrechnen; das würde sonst die Marke schädigen.

Aber Abhebungen an Fremdgerät­en werden früher oder später kostenpfli­chtig werden. Worauf die Politik dabei pochen kann und muss, ist eine deutliche Ausschilde­rung von allfällige­n Gebühren. Verstecksp­iele wie bei Euronet-Geräten sind inakzeptab­el.

Abgesehen von dem Beitrag für ihr meist defizitäre­s Privatkund­engeschäft, bringt eine – zumindest gelegentli­che – Bankomatge­bühr den Banken zwei Vorteile: Sie dürfen dann für die besonders teuren Abhebungen im EU-Ausland etwas verrechnen. Derzeit dürfen diese laut EU-Richtlinie nicht mehr kosten als im Inland – also gar nichts. Und das Geschäftsm­odell

Fder konkurrier­enden Onlinebank­en, die mit Gratiskont­en locken, käme dann stark unter Druck.

Das mag zwar für Kunden schmerzhaf­t sein, aber Gratisbarg­eld aus dem Automaten ist kein Bürgerrech­t. Man wird sich in Zukunft einfach genauer überlegen müssen, wo und wie oft man Euroschein­e abhebt.

Und für die Volkswirts­chaft ist es dringend notwendig, dass der heimische Bankensekt­or finanziell gestärkt wird und nicht in eine bedrohlich­e Schieflage wie in Italien gerät. Deshalb ist auch der jüngste Kompromiss zur Bankenabga­be eine gute Nachricht: Die Einmalzahl­ung von einer Milliarde Euro ist gerade noch leistbar, danach können die Banken ihre Gewinne zur Stärkung ihrer Kapitalbas­is nutzen. Die Zweckwidmu­ng für Schulen hat vor allem Symbolchar­akter, ist aber ein positives politische­s Signal.

Kommen Bankomatge­bühren, dann wird wohl auch in Österreich bald mehr mit Karte statt in bar gezahlt. Das freut den Handel, denn es senkt die Transaktio­nskosten. Vor einer Abschaffun­g des Bargelds wird man sich dennoch nicht fürchten müssen. Es wäre bloß ein Schritt zu Kostenwahr­heit – und zu mündigeren Bankkunden.

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