Kein Grund zur Freude
Das Urteil war noch nicht gesprochen, da verkündete China schon lauthals, dass man es nicht anerkennen werde. Peking war klar, dass der Spruch unvorteilhaft ausfallen würde. Und so kam es auch: Weder angebliche historische Rechte auf 85 Prozent des Südchinesischen Meeres erkannte die Kommission zum UN-Seerechtsübereinkommen an, noch Pekings Sicht, dass es sich bei strittigen Erhebungen überhaupt um Inseln handle. Eine große Wirtschaftszone um diese herum gebe es daher nicht.
Für die chinesische Führung bedeutet das Urteil vor allem Gesichtsverlust. Doch wenn die Regierung Xi Jinpings den Spruch weder anerkennt noch umsetzt, wird sich auf dem (Meeres-)Boden vorerst wenig ändern.
Auf kurze Sicht wird Peking alles daransetzen, die Ansprüche durch militärische Präsenz und Abschreckung zu betonen. Keiner der regionalen Konkurrenten, hofft China, will in der aktuellen Situation einen Krieg riskieren.
Auf lange Sicht reicht das nicht: Peking kann nun nicht mehr argumentieren, dass man Häfen und Landebahnen auf den Inseln nur baue, weil man dazu verpflichtet sei, in der eigenen Wirtschaftszone Schiffe aus Seenot zu retten. Umgekehrt können sich andere Staaten auf das Urteil stützen, wenn sie mit Pekings Marine in Streit geraten.
Wenn sich alle Seiten im Recht sehen, steigt die Gefahr, dass riskante Aktionen im Konflikt enden. Das Urteil sollte für Chinas Konkurrenten daher kein Grund zum Feiern sein – sondern Anlass, erst recht auf Diplomatie zu setzen.