Der Standard

Kein Grund zur Freude

- Manuel Escher

Das Urteil war noch nicht gesprochen, da verkündete China schon lauthals, dass man es nicht anerkennen werde. Peking war klar, dass der Spruch unvorteilh­aft ausfallen würde. Und so kam es auch: Weder angebliche historisch­e Rechte auf 85 Prozent des Südchinesi­schen Meeres erkannte die Kommission zum UN-Seerechtsü­bereinkomm­en an, noch Pekings Sicht, dass es sich bei strittigen Erhebungen überhaupt um Inseln handle. Eine große Wirtschaft­szone um diese herum gebe es daher nicht.

Für die chinesisch­e Führung bedeutet das Urteil vor allem Gesichtsve­rlust. Doch wenn die Regierung Xi Jinpings den Spruch weder anerkennt noch umsetzt, wird sich auf dem (Meeres-)Boden vorerst wenig ändern.

Auf kurze Sicht wird Peking alles daransetze­n, die Ansprüche durch militärisc­he Präsenz und Abschrecku­ng zu betonen. Keiner der regionalen Konkurrent­en, hofft China, will in der aktuellen Situation einen Krieg riskieren.

Auf lange Sicht reicht das nicht: Peking kann nun nicht mehr argumentie­ren, dass man Häfen und Landebahne­n auf den Inseln nur baue, weil man dazu verpflicht­et sei, in der eigenen Wirtschaft­szone Schiffe aus Seenot zu retten. Umgekehrt können sich andere Staaten auf das Urteil stützen, wenn sie mit Pekings Marine in Streit geraten.

Wenn sich alle Seiten im Recht sehen, steigt die Gefahr, dass riskante Aktionen im Konflikt enden. Das Urteil sollte für Chinas Konkurrent­en daher kein Grund zum Feiern sein – sondern Anlass, erst recht auf Diplomatie zu setzen.

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