Der Standard

Bilder im Ausnahmezu­stand

- Colette M. Schmidt

Atemlos beobachten wir den Ausnahmezu­stand der Welt. Es ist kein Wunder, dachte man sich Mittwochna­cht, als die ZiB 24 auf ORF 1 begann, dass bei dem Tempo der im Stakkato eintreffen­den Katastroph­enmeldunge­n die Bilder nicht mehr nachkommen. Und auch nicht die Worte.

Das Böse ist immer einen Tick zu schnell. Für gute Nachrichte­n ist kein Sendeplatz übrig. „Erdogan kann schalten und walten, wie er will“, hörte man Roman Rafreider erzählen, was jeden Tag schmerzlic­her klar wird. In den Headlines am Beginn der Sendung klappten die Schreckens­bilder wie Kartendeck­s eines unerfreuli­chen Spiels auf. Als noch das Bild des türkischen Staatschef­s eingeblend­et war, wurde der Studiogast, der türkische Botschafte­r in Österreich, Hasan Gögüs, angekündig­t. Das Bild wechselte zwar: Doch zu sehen war im- mer noch nicht der Botschafte­r, sondern ORF-Korrespond­ent Jörg Winter. Der saß da so traurig in Istanbul, dass man ihn am liebsten sofort hätte ausfliegen lassen wollen. Er nickte nur desperat zur Begrüßung. Dann blieb das Bild abermals hängen. Auf Winter, während Rafreider schon über die Anklageerh­ebung gegen Exfinanzmi­nister Karl-Heinz Grasser sprach, sah man den Korrespond­enten, der sich schon unbeobacht­et fühlte und verzagt sein Haupt nach unten senkte.

Dann kam doch noch Grasser ins Bild – kurz von hinten, worüber sicher niemand allzu böse war. Doch die Worte Rafreiders: „Er wird angeklagt in der Causa Buwog und Terminal Tower“wurden mit einem jungen Mann bebildert, der furchterre­gend mit einem großen Messer herumfucht­elte. Das war nicht Grasser. Das war der Attentäter von Würzburg. Irgendwie geht alles zu schnell. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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