Mitterlehner: Asylabkommen mit Türkei ist gefährdet
Über 10.000 nach Putschversuch in Haft Anzeige gegen Wiener Demo-Veranstalter
Wien/Ankara – Als „brandgefährlich“bewertet Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Situation in der Türkei. „Die Aushöhlung des Rechtsstaats“mache ihm Sorgen, sagt der ÖVP-Chef im 2+1-Gespräch mit dem STANDARD und hält das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei für gefährdet: „Ob das Abkommen haltbar ist, wenn alles so weiter- läuft, ist nicht absehbar.“Es sei denkbar, dass bald Asylwerber aus der Türkei selbst kämen. Laut Angaben von Präsident Tayyip Erdogan vom Freitag sind seit dem gescheiterten Putsch 10.410 Verdächtige festgenommen worden.
Der Pakt zwischen EU und Türkei sieht vor, dass die Türkei Flüchtlinge zurücknimmt, die illegal auf griechische Inseln übergesetzt sind – von EU-Seite wird das Land als sicherer Rechtsstaat angesehen.
Gegen die Veranstalter der ProErdogan-Demonstration am vergangenen Samstag in Wien wurde Anzeige erstattet, da die Demo nicht angemeldet war. (red)
Ankara/Wien – Die Zahl der Festnahmen seit dem gescheiterten Putsch in der Türkei ist nach Angaben von Präsident Tayyip Erdogan weiter angestiegen. Exakt 10.410 Verdächtige seien bei den andauernden Razzien festgenommen worden, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in der Nacht zu Freitag im Präsidentenpalast von Ankara. 4060 von ihnen seien in Untersuchungshaft.
Seit Donnerstag gilt in der Türkei ein 90-tägiger Ausnahmezustand. Laut Angaben des Regierungssprechers Yasin Aktay handelt es sich bei den 10.410 Festgenommenen um 7423 Soldaten, 287 Polizisten, 2014 Richter und Staatsanwälte sowie 686 weitere Zivilisten. Laut Recherchen des deutschen Onlinemagazins Krautreporter belief sich die Gesamtzahl der Menschen, die Erdogan bis Freitag Nachmittag festnehmen, suspendieren oder entlassen ließ, auf 65.649.
Anzeige wegen Demo in Wien
In Österreich haben unterdessen die Kundgebungen von Erdogan-Anhängern am vergangenen Wochenende in Wien rechtliche Konsequenzen. Gegen die Veranstalter der Demonstration am Samstag wird Anzeige erstattet, da diese nicht angemeldet war. Das teilte ein Sprecher der Wiener Polizei Medien mit. Wer als Veranstalter belangt wird, gab die Polizei nicht bekannt. Zuletzt wurde angenommen, dass der austro-türkische Verein UETD die Proteste organisiert hatte. Gegen Teilnehmer der Kundgebung wird wegen mutmaßlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung ermittelt. Auch der Verfassungsschutz ermittelt laut Polizei. (red, dpa, APA)